Die Jahre 1921 bis 1925

Vorbemerkung

Im Mittelpunkt dieses Zeitabschnittes stand ab 1923 die Eisenhandelsgesellschaft-Ost (EHG), der es gelang, in Zusammenarbeit mit den Berliner Ministerien das im Ersten Weltkrieg gebaute Nahkampfmitteldepot Hembergen zu erwerben.

Wenn auch bis zum Jahr 1923 Andere hier aktiv waren (u.a. Hoppecke, DAG), weil inzwischen aus dem Munitionsdepot ein Sprengstofflager geworden war, die EHG beeinflußte bzw. bestimmte maßgeblich das Geschehen im ehemaligen Nahkampfmitteldepot.

Zeitgleich wollten immer mehr Familien hier ihre Zukunft aufbauen, schon deshalb, weil einige Männer im Depot in Lohn und Brot standen: sie holten ihre Familien nach. Das oberste Ziel der EHG bestand darin, Schuppen zu verkaufen, denn sie wollte ja mit der 'Immobilie Depot' Geld scheffeln. (Anmerkung: Was ihr auch gelang. Auf welche Art und Weise auch immer.)

Es waren aber noch Weitere an der Verwertung der ehemaligen Militäranlage interessiert, denn es herrschte große Wohnungsnot, und so suchten Ministerien, regionale Behörden und Ämter als auch Flüchtlingsorganisationen dieses Problem mit dem Ausbau der Schuppen und der anderen Bauten zu wohnungsfähigen Häusern zu lösen. Doch es bestand folgendes Problem: die Gebäude waren insgesamt alle nicht komplett fertiggestellt, wie zum Beispiel folgender Schriftverkehr aus zwei Schreiben dies hergibt:

1921

Allgemeines

Besichtigungen des Depots fanden in den nun folgenden Jahren des öfteren statt. Beispiele:

Datum Grund Behörde/Amt/Firma Vertreter
1921.06.02 Vervollkommnung des Feuerschutzes Handelsministerium Mente
Zentralaufsichtsstelle Prof. Kahs
Regierung Münster Pirsch

Die Gleise für den 3-gleisigen Übergabebahnhof und für das Verbindungsgleis zum Abstellbahnhof incl. der Schwellen und der Bettung kosteten 430.000 Mark.

Allein die Herstellung für das Verbindungsgleis, Stellwerk und Empfangsgebäude (Bahnhofsgebäude) kostete dem Reich 130.774,-- Mark. Darin waren enthalten:

Unternehmer waren u.a.: Siemens & Halske, Berlin (Stellwerkseinrichtungen), Jüdel & Co, Braunschweig (Stellwerksanlagen), Overmeier, Rheine.

Am 18. Juni 1921 beantragte Landwirt Heinrich Leihsing - Bauerschaft Herbern 31, Parzelle 423 (325) - beim Amt Greven die Genehmigung zum Bau eines Wohnhauses auf seinem Grundstück. Hier wohnte während der Bauzeit des Depots der Architekt Kaiser, der das Depot vor Ort leitete. 1923 wurde der Zweistock, der sich im hinteren Teil des Hofes befand, errichtet.

Die Firma Hoppecke beendete ihre Zerlegearbeiten am 10. Juni 1921. Weitere Infos.

Die Besiedlung Reckenfeld machte weitere Fortschritte, zwar langsam aber stetig.

1921 wurden drei Kinder geboren, damit waren es nun vier, die in der neuen Siedlung aufwuchsen.

1922

Allgemeines

Besichtigungen des Depots

Datum Grund Behörde/Amt/Firma Vertreter
1922.08.21 Gelände 'das Reckenfeld' Bodenverb.-Genossenschaft Howest-Engberding
Holling-Eilfing
Autmaring, gen. Sch.-Haschhoff
Dömer, Franz
1922.11.? Verwertung des Depots Vertreter u.a. Stahlwerk Mesum K.A.

Sprengstoffvernichtungen fanden auch im Jahr 1922 statt, doch wie ging es weiter?

Seit Ende April 1920 konnte die DAG Sprengstoffe einlagern, das hatte sie nun schriftlich: gemäß eines vorläufigen Vertrages. Aufgrund des endgültigen Vertrages war die DAG bis zum 31. Dezember 1923 im Depot tätig.

Auch das Jahr 1922 bescherte den Arbeitern viele Gefahren.

Schwer was los auf den Gleisen im Abstellbahnhof im Depot.

Wollte die Bedenken eigentlich niemand hören?

Der Minister des Reichsschatzministeriums schrieb am 23. Dezember 1923 an den RP in Münster: "[...] nach dem dortigen Bericht soll eine e.G.m.b.H. unter Mitbeteilung des Reichsfiskus gebildet werden. Es dürfte hier wohl ein Schreibfehler insofern vorliegen, als nicht eine e.G.m.b.H (eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung), sondern eine G.m.b.H. (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) in Betracht kommen. Bei einer Mitbeteiligung des Reichsfiskus an dieser G.m.b.H. habe ich etatrechtliche Bedenken. Die Verwertung von Hembergen ist unter Berücksichtigung vorstehender Gesichtpunkte weiter zu betrachten."

Doch bei diesen Bedenken blieb es, denn das Reichsschatzministerium wurde 1923 aufgelöst, seine Aufgaben wurden auf das Reichsfinanzministerium übertragen. Damit hatte sich eine weitere Prüfung von selbst erledigt.

1923

Allgemeines

Weitere Besichtigungen:

Datum Grund Behörde/Amt/Firma Vertreter
1923.03.23 Wert-Abschätzung des Depots wegen Verkauf an Interessenten Konzern Hentschel Essen Zwei technische Beamte
1923.03.24 Möglicher Verkauf des Depots an EHG-Ost EHG-Ost Wilde

Das Depot wurde dann tatsächlich an eine Gesellschaft verkauft. Wo gibt es das noch einmal in Deutschland, dass eine Siedlung, die im Entstehen ist, einer Gesellschaft (EHG) als Eigentümerin gehört?

Ab Februar des Jahres 1923 wurde mit der Verschrottung von Lokomotiven der Reichsbahn durch die EHG begonnen.

Acetylenanlage für die EHG

Die EHG sah als eine von mehreren Möglichkeiten zur "Geldvermehrung" die Verschrottung von Lokomotiven und Waggons als auch das Trennen von Schienen und Schwellen. Sie kaufte deshalb eine Acetylen-Schneideanlage.

Der Dampfkesselüberwachungsverein Dortmund genehmigt nach Prüfung am 26. Juli 1923 die Anlage und teilt das dem Amt Greven als Polizeibehörde einige Tage später mit.

Wie sah es im Depot wohl aus?

Im August 1923 waren 150 Beutegüterwagen auf den Gleisanlagen abgestellt (Restitutionsverpflichtungen).

Die EHG machte Dampf und schrieb an das Reichsfinanzministerium: "Wir benötigen hierzu sämtliche vorhandenen Einrichtungen nebst Gleisanlagen. [...] haben bisher für die Reichsbahndirektion Münster umfangreiche Verarbeitungen an Lokomotiven, Tender und Waggons bereits vorgenommen. Zur Zeit sind über 300 Waggons in Verarbeitung, welche uns aus den Beständen der Reichsrücklieferungskommission zugewiesen wurden."

Die EHG zerlegte im Depot - gegen Zahlung von 100.000 Mark monatlich an die Reichsschatzverwaltung - alte, vom Reichsbahnfiskus angekaufte Lokomotiven.

Die DAG blieb laut Vertrag bis zum 31. Dezember 1923 als Mieterin im Depot.

1924

Allgemeines

Kontrollen im Jahr 1924:

Datum Grund Behörde/Amt/Firma Vertreter
1924.09.09 Kontrollbesuch IMKK Hay, Reid + 1 Franzose sowie 1 deutscher Verbindungsoffizier
1924.10.24 Kontrollbesuch IMKK Der Franzose: Foyullef, die Engländer Atchill und Hay.
1924.11.05 Kontrollbesuch IMKK Langhorne, Lastsowie 1 deutscher Verbindungsoffizier
1924.12.16 Feststellung einer industriellen Verwertung der Anlage Landesfinanzamt Münster Lehmann

Eine Unterfirma der EHG wurde gegründet

Eine Kantine für die Arbeiter

Das Doppelverwaltungsgebäude war neben zwei anderen Gebäuden, eines, dass bewohnbar war, und aufgrund der größeren Räumlichkeiten (Kantinenräume) am besten geeignet, darin eine solche für die vielen Arbeiter/-innen einzurichten. Das Amt Greven schrieb: "[...] dass die Kantinenwirtschaft für die mit Zerlegungs- und Aufräumungsarbeiten beschäftigten Arbeiter eingerichtet wurde [...]" Der Kreisausschuss hatte in seiner Sitzung vom 8. August 1923 dem Antrag vom 28. Juli 1923 auf Erteilung der Genehmigung‚ zum Betriebe einer im früheren Depot Hembergen gelegenen Kantine mit Beschränkung auf die Arbeiter' genehmigt. Lagerverwalter Imm konnte den Kantinenbetrieb sofort eröffnen, jedoch vorläufig nur für vier Wochen.

Im März 1924 war es dann endgültig: "Dem Lagerverwalter Imm der Hemberger Speditions- und Lagerhausgesellschaft m.b.H. in Hembergen wird hiermit die Erlaubnis erteilt, dem in der Gemeinde Greven l.d.E., Bauerschaft Herbern, Flur 1 Parz. 1051/283, nach Maßgabe der Zeichnungen gelegenen Kantinengebäude eine Schankwirtschaft (Kantine) zu betreiben." Das teilte der Landrat Graf Westphalen mit.

Die Baubeschreibung: das ganze Gebäude ist mit Wasserleitung versehen und die Abwässer der Küchen gehen durch die Kanalisation und einen Emscherbrunnen in den Walgenbach. Kantine: 1 Theke, 1 langer Tisch, 1 lange Bänke, 1 Ofen, 1 Spülwanne, 20 Biergläser, 12 Likörgläser, Wohlfahrtsraum; 2 Schränke mit 40 Fächern, 4 lange Tische, 8 lange Bänke, 1 Theke 1 Ofen für Essen aufwärmen, 4 Kleiderrechen.

Die EHG war auf vielen Ebenen sehr rührig: Sie versuchte alles, um den Eindruck bei den Berliner Behörden und den Alliierten zu erwecken, dass alles getan wird, aus einer Militäranlage eine industrielle Stätte mit Wohnmöglichkeiten schaffen zu wollen. Deshalb gründete sie die Hemberger Speditions- und Lagerhausgesellschaft, die ihre Dienste als ‚internationale Spedition, Schiffsbefrachtung und Lagerhäuser mit großer Expedition und Überseeverkehr' anbot. Die Zentrale der neuen Gesellschaft war, wie bei den beiden anderen Firmen, ebenfalls in Berlin, und als Hauptlagerplatz war ‚Hembergen bei Münster in Westfalen', angegeben. Wie sich in späteren Jahren herausstellte, diente die Hemberger Speditions- und Lagerhaus-Gesellschaft in erster Linie als Hauptumschlagplatz für große Geschäfte mit Getreide, das für kurze Zeit zwar eingelagert wurde, seine rechtmäßigen Adressaten aber kaum gesehen haben wird.

Eine Filiale wurde im Lager Hembergen installiert

Neben ihrer Filiale in Reckenfeld hatte die "Teer- und Oeldestillation" ein weiteres Zweigwerk in Woltersdorf bei Luckenwalde und neben dem Hauptsitz in Berlin-Lichterfelde einen zweiten Hauptsitz in Reichenbach im Vogtland. Auch hier galt: alles zu machen, um den Garaus des ehemaligen Depots zu verhindern. Die Filiale in Reckenfeld war weniger aus Notwendigkeit heraus gegründet worden, vielmehr diente sie als Scheinfirma der Vortäuschung bestehender Arbeitsmöglichkeit, denn nur so konnte die Eisenhandelsgesellschaft ein Jahr später ihre großangelegte Siedlungstaktik im ehemaligen Munitionsdepot verwirklichen, eine Taktik, ohne die sie die Schuppen und Grundstücke zu Siedlungszwecken nicht hätte verkaufen können, die der Gesellschaft in den Folgejahren gute Gewinne einbracht haben wird.

Teer- und Oeldestillation GmbH

Näheres über die Lage und die Beschreibung dieser Firma Teer- und Oeldestillation GmbH in Hembergen: Größe des Grundstückes: 15.565 qm, vom Betriebsgebäude im Block A ist die kürzeste Entfernung zum Grundstück Leihsing 70m, zu den nächsten Lagerschuppen 50-55 m, zum Wohnhaus Leihsing 500 m, zum Interessentenweg 65 m, es sind folgende Schuppen vom Betrieb betroffen: Schuppen A 8 = Kontor, Schuppen A 9 = Betriebsgebäude mit Maschinenraum, Kühler, Destillationsblasen, Oelkessel, Zisterne und Schachtbrunnen, Schuppen A 10 = Wohlfahrtsraum und Abort. (Anmerkungen: Wer kaufte zu einem späteren Zeitpunkt diese Schuppen: A 8: Franz Schwering, A 9: Julius Zabrowski, A 10: Ernst Höhne)

Das Amt Greven: "Auf ihren Antrag vom 19. Mai 1924 betreffend die Genehmigung zur Anlage einer Teerdestillation in Hembergen: die Genehmigung soll Ihnen - unter 26 Auflagen - erteilt werden. Der Wert des Anlage- und Betriebskapitals wurde von der Firma mit 10.000 Mark angegeben." Aus der Ankündigung wurde im September Realität: Der Landrat genehmigte am 12. September 1924 den Betrieb.

Was wurde verarbeitet?

Die Teer- und Öldestillationsgesellschaft beschäftige in Reckenfeld zehn Arbeiter und verarbeitete rohen Kokerei- und Gasanstaltsteer sowie destillierten Steinkohlenteer, Steinkohlenteerpech und Steinkohlenteeröl.

Auch noch eine Unterfirma wollte die Teer- und Oeldestillation GmbH im Mai 1924 noch als einen weiteren Mitbewerber aufstellen. Sie beantragte deshalb beim Amt Greven: "Wir begehren anzuzeigen, dass wir aus dem Grundstückskomplex der EHG-Ost einen Zweigbetrieb errichten wollen. Es kommen einstweilen nur kleinere bauliche Anlagen - Gruben für Teer und Teerprodukte sowie Unterbauten für Teerkessel - in Frage", dies teilte ein Herr Götting mit.

Was geschah sonst noch zu dieser Zeit?

Zu dieser Zeit tauche zum ersten Mal das Gerücht auf, beim Verkauf des Munitionsdepots an die Eisenhandelsgesellschaft sei versehentlich der Bahnhof Hembergen mitverkauft worden? Diese Vermutung wurde durch die Recherchen des Dortmunder Generalanzeigers im erwähnten Jahr gestützt. Neue Nahrung erhielt das Gerücht, als die Eisenbahnverwaltung am 31. Oktober 1924 den Bahnhof mit seinen Sicherungsanlagen und einem Nebengleis für zwingende Überholvorgänge auf der Strecke Münster-Rheine für einen Preis von 58.800 Goldmark wieder zurückkaufte. Das waren knapp die Hälfte der Summe, die die Eisenhandelsgesellschaft für das ganze Lager, also 600 Morgen Land mit 208 massiven Schuppen, nach dem Vertrag vom 9. August 1923 bezahlen sollte.

Was war geschehen

Mit Schreiben vom 26. August 1924 bat die EGH die Bahn um Unterstützung, bot ihr zu einem scheinbar günstigen Preis einen Teil der Gleisanlagen an und hatte somit, die Militärkommission umstimmen zu können. Das Angebot, das an das Betriebsamt Rheine gerichtet war, wurde von diesem aufgegriffen und am 4. September 1924 mit einer entsprechenden Befürwortung über die Direktion an die "Deutsche Reichsbahn, Gruppe Preußen in Berlin" weitergeleitet. Wörtlich heißt es dazu in der Empfehlung "[...] das der Eisenhandelsgesellschaft Ost gehörende, auf Bahnhof Hembergen liegende Gleis 3 wurde von uns in Zeiten starken Verkehrs als Überholungsgleis genutzt. Bei Fortfall des Überholungsgleises wird es bei zunehmendem Verkehr zur Vermeidung von Stockungen sehr erwünscht sein, daß eine Überholungsmöglichkeit in Hembergen bestehen bleibt. Auch dürften bei Unregelmäßigkeiten im Verkehr die Gleise 4 und 5 zur Abstellung von Zügen von Wert sein. Wir halten daher den Fortfall der Gleise 3, 4 und 5 im Bahnhof Hembergen nicht für günstig und empfehlen den Ankauf. Der derzeitige Wert der Gleise und der Weichen wird auf 57.862 Mark geschätzt."

Am 24. Oktober 1924 kam es dann in einem Nachtragsvertrag zum Kaufabschluß. Danach erhielt die Deutsche Reichsbahn "sämtliches Eisenbahnmaterial sowie Gleismaterial und Sicherungsmaterial, das auf dem Gelände der Deutschen Reichsbahn auf Bahnhof Hembergen als Eigentum der Eisenhandelsgesellschaft Ost liegt, für den Preis von 58.800 Mark. Es wurde an die Reichsbahndirektion Münster verkauft und übergeben."

Dieser Rückkauf des Bahnhofs Hembergen durch die Deutsche Reichsbahn war eine der spektakulärsten Aktionen der Eisenhandelsgesellschaft Ost, die in der Westdeutschen Presse damals viel Staub aufgewirbelte.

1925

Allgemeines

Kontrollen

Offiziere der IMKK besichtigen zu Kontrollzwecken auch in diesem Jahr noch einige Male das Depot. General Walch, Präsident der IMKK, befehligt zu diesem Zeitpunkt immer noch die sofortige Vernichtung des ehemaligen Nahkampfmitteldepots Hembergen. Die EHG versucht dennoch die Zerstörung des Depots zu verhindern. Zusammen mit den Reichsbehörden waren die Bemühungen von Erfolg gekrönt: Aus dem Depot entstand eine Siedlung, das heutige Reckenfeld!

Was macht die Teer- und Oeldestillationsfirma im Jahr 1925?

Sie hatte inzwischen ihr Betätigungsfeld ausgeweitet: Im Juni 1925 teilte Amtmann Hueske einer dem Landrat zwecks Genehmigung folgende Daten mit: "Beschreibung der Dachpappenfabrik vom 27.1.1925: Größe Grundstücke ca. 46.000 qm (Länge 480 m, breit 80m, sowie Spitze lang 170 m breite 40 m, das Betriebsgebäude - Schuppen 5 - liegt innerhalb der Reihe von Betriebschuppen 1 - 10 am Gleis I des Depots A Hembergen. Die Schuppenreihe 11-20 am Gleis II des Depots A liegt 60 m entfernt, die Schuppenreihe 21 - 30 am Gleis III etwa 120 m entfernt. Der Postenweg, der nach Osten verläuft, ist 55 m entfernt.

Gegenstand des Betriebs und Grundzüge des Verfahrens: Gegenstand des Betriebes ist die Teerung von Rohpappe durch eine aus flüssigem Teer und Teerpech bestehende Imprägniermasse und die nachfolgende Besandung der Pappe. Der warme Rückstand der Teerdestillation (Imprägniermasse) wird in einem mit Heizschlange versehenen Kesselwagen zum Abfüllen in den Vorwärmer an das Betriebsgebäude herangefahren und mittels Pumpe in den Vorwärmer entleert. Heizung der Masse in Kesselwagen, im Vorwärmer und Imprägnierapparat erfolgt von dem Dampfkessel, der an das Betriebsgebäude Schuppen 5 anstoßenden Dampfkesselhäuschen aufgestellt wird. Beleuchtung der Betriebsgebäudes erfolgt mit Glühbirnen.

Die Produktion der Anlage wird auf 1.500-2000 qm Dachpappe täglich geschätzt. Wir rechnen mit einem Waggonversand von wöchentlich 2-3 Waggons Dachpappe. Sechs Arbeiter sind ständig beschäftigt."

Die Genehmigung vom Landrat ließ nicht lange auf sich warten: Am 13. Juni 1925 erteilte der Landrat für eine "Dachpappenfabrik der Firma Teer- und Oeldestillationsfabrik" auf Flur 1, Nr. 1077/325.

Folgende Schuppen wurden von der Firma belegt:

Die Optantenfamilien kamen im August 1925 am Bahnhof Hembergen an.

Reichlich spät war diese Anfrage von Hueske an die Berliner Behörden: Wer ist eigentlich die ominöse EHG?

Wer war nun die ominöse EHG? Amtmann Hueske ließ sich im März 1925 vertraulich durch das Polizeipräsidium in Berlin Informationen zukommen. In der Antwort des 16. Polizeireviers Berlin vom 14. April 1925 heißt es:

"Die Eisenhandelsgesellschaft Ost, Leipziger Platz 3, hat nur ihre Büroräume. Ihr Leiter ist der Kaufmann Ludwig Bernhard Wolf, am 7. Juni 1878 in Hannover geboren, seit dem 5. März 1924 ist die Firma für den Großhandel mit unedlen Metallen konzessioniert. Sie tätigt nur größere Geschäfte im Ausland, bei der Reichsbahndirektion und mit größeren Werken. Über die Gründung läßt sich nur nach direkter Fühlungnahme etwas ermitteln. Der Geschäftsbetrieb hat zu Klagen bisher keine Veranlassung gegeben. Nachteiliges ist nicht bekannt geworden."

Die Loks im Depot stürzten um

Der Reichsminister der Finanzen schrieb am 11. April 1925 an den Rechnungshof des Deutschen Reiches in Potsdam zu dortiger Nummer V 493 vom 6. Februar 1925 (Auszüge): "[...] Die EHG-Ost hat dem Drängen der IMKK nachgeben müssen und ist zum Verkauf der Gleisanlagen geschritten. Der hierbei erzielte und noch zu erzielende Erlös wird vielleicht dem gezahlten Kaufpreis gleichkommen. Andererseits hat die Gesellschaft nach ihren Angaben in dem verflossenen Jahr ganz erhebliche Aufwendungen für die Instandhaltung der Gebäude und insbesondere der Ausbesserung der Gleise, die teilweise ohne richtigen Unterbau verlegt waren, so dass Rangierlokomotiven wiederholt beim Befahren umgestürzt sind, machen müssen." (Anmerkung von Hans-Jörg Siepert: Ein "Umstürzen" der Lokomotiven ist bei den geringen Geschwindigkeiten die auf den Depotgleisanlagen möglich waren, wohl eher unwahrscheinlich. Bei schlechtem Gleiszustand kommt es üblicherweise zu Spurerweiterungen, so dass Fahrzeuge entgleisen können. Mittels handbetriebenen Hebewinden kann das Eisenbahnfahrzeug angehoben, das beschädigte Gleis darunter gerichtet werden und das Fahrzeug eingegleist werden. Kleinere Tenderloks, wie die preußische T3, führten ständig eine Hebewinde mit. Das lässt darauf schließen, dass Entgleisungen in schlechter gewarteten Nebengleis des öfteren vorkamen. Mit dem Wortlaut das Lokomotiven umgestürzt sein, wollte die EHG wohl etwas Eindruck schinden.)

Die EHG ließ mit staatlichen Geldern im Depot D aus ehemaligen Schuppen durch Um- und Aufbauten 20 Musterhäuser bauen, die dann von ihr zum Verkauf angeboten werden

Bis zum Jahresende waren es dann noch einmal 7 Familien, die hier ihr neues Zuhause fanden.

Die Einwohnerzahl Reckenfelds wuchs weiter und bis zum Ende des Jahres 1927 wohnten bereits mehr als 169 Familien (PDF-Datei) in dem ehemaligen Nahkampfmitteldepot Hembergen.

Ausschnitt meiner Präsentation über die Entstehung Reckenfelds. Thema: "Ab wann kam der Name Reckenfeld für die neue Siedlung auf?" [PDF-Datei]


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