Die Lagerung und diesem Zusammenhang die Zerlegung von Munition und die Entsorgung von Sprengstoffen hatte in den Jahren 1920-1922 viele Opfer gefordert:
"Explosion am 31. August 1920 außerhalb der Zerlegestelle Hoppecke scheinbar von der entwendeten Munition. 2 Mann sind hierbei tödlich verwundet
Zwei Mann schwer bei einer Explosion verletzt beim Abbrennen von Zündungskörpern in Torgau Süptitz am 20. Januar 1921
Zerlegebetrieb Hoppecke Ebingen am 17. Februar 1921: Durch Explosion einer 10-cm-Granate 21-jähriger Arbeiter verunglückt. Fußamputation erforderlich
Am 28. Mai 1921 Explosion in Brilon: Zwei Arbeiter tödlich verunglückt."
Ausführlicher wurden da schon Fakten genannt, als es erneut außerhalb des Depots sehr gefährlich wurde:
Das preußische Gewerbeaufsichtsamt schrieb am 21. November 1920 an die Sprengstofffirma Hoppecke in Hembergen: "Gestern wurde mir mitgteilt, bei Ihrer Sprengstoffvernichtung in Westerode hätte vor 8 Tagen eine solche Explosion stattgefunden, dass sogar in einer Entfernung von 4 km nämlich in der Nähe des Bahnhofs Greven einige Fensterscheiben dadurch zerstört worden wären. Ich fand tatsächlich einen Sprengtricher von schätzuungsweie 3 m Tiefe und 4 m Durchmesser vor, der entweder auf einen Unfall bei der Handhabung größerer Sprengstoffmengen oder auf groben Unfug schließen lässt. Die noch nicht beendete Sprengstoffarbeit an den vordernen Baustubben schien eingestellt zu sein. In dem offenen Holzfeuer aber schien man vergeblich versucht zu haben, Aluminiumpulver zu verbrennen, denn das Pulver lag noch in Klumpen auf der kalten Feuerstelle. Ich bitte um Auskunft. Jacobi"
Telefonisch meldet sich die Firma Hoppecke bei Jacobi: "Der Betriebsleiter der Firma Hoppecke gab mündlich bekannt, dass der Schießmeister durch mehrere Schüsse versucht habe, ein tiefes Wasserloch zu erhalten. Die starke Explosion aber, die den Schaden in Greven verursacht habe, sei unerwartet dadurch gekommen, dass dem Schießmeister eine große Menge Aluminium etwa durch eine beigemengte Sprengkapsel explodiert wäre, als er das Pulver zu verbrennen versuchte. Augenzeugen seien nicht vorhanden. Wie weit diesen Erklärungen Glauben geschenkt werden kann, mag dahingestellt sein. Sicher ist jedenfalls, dass der Schießmeister Schürmann sich für die Handhabung mit Sprengstoffen als ungeignet erwiesen hat. Mir wurde gesagt, dass ihm sein Sprengstofferlaubnisschein bereits polizeilich abgenommen worden wäre."
Das Amt Greven bat daraufhin den Landrat, die Entziehung des Erlaubnisscheines zu veranlassen.
Ganz ohne Unglücksfälle liefen die gefährlichen Arbeiten nicht ab:
Bei einer Explosion eingelagerter Beutemunition im Depot wurden am 12. Mai 1920 beim Auseinandernehmen der technische Leiter der Fa. Hoppecke getötet und der Arbeiter S. aus Greven schwer verletzt. Die Ärzte Dr. H. aus Emsdetten und Dr. H. aus Greven leisteten Erste Hilfe.
Am 22. November 1920 gab es eine erneute Explosion in Hembergen: Beim Zerknacken von Eierhandgranaten im Depot A gingen 200-300 deutsche Eierhandgranaten in die Luft
Das Preußische Gewerbeaufsichtsamt in Münster schrieb am 29. April 1921 an den Regierungspräsident in Münster: "Am Sonnabend, den 23. April, ereignete sich zwischen 11 und 12 Uhr vormittags zwischen den Sprengstofflagern zu Hembergen der Dynamit AG ein Heide- und Waldbrand. Die Heide fing etwa an der Stelle an zu brennen, wo sich die Waldwege kreuzen, die zwischen den Blöcken C und D verlaufen. Das Feuer wurde gleich bemerkt, so dass die im Lager noch gerade vollzählig anwesenden Arbeiter durch dei Ypern-Sirene alarmiert und zu Löscharbeiten herangezogen werden konnten. Zur Verfügung standen etwa 20 Arbeiter. Sie sollten die Feuer an den Wegübergängen nieder halten, um die mit Sprengstoffen belegten Schuppen möglichst außer Gefahr zu bringen. Die Gefahr für den Block C war nicht groß, da der Landstrich bis zum Block C bis zu 200 m betrug. In weit größerer Gefahr dagegen waren die im südlichen Zipfel des Lagers D liegenden Schuppen 9, 10 und 20. An dieser Stelle reichte der Kiefernwald bis dicht an den Weg heran. Außerdem sind den Schuppen jenseits des Weges noch mehrere Baumreihen vorgelagert. Da dem Feuer durch Ausschlagen oder durch Fällen mehrerer Baumreihen nicht mehr Einhalt getan werden konnte, so entschloss sich der Lagerverwalter, den Waldzipfel diesseits des Weges, der an den erwähnten Schuppen zunächst gegenüberlag, anzuzünden. Nach etwa 1 ½ Stunden war die Gefahr größtenteils beseitigt. Die gleich zu Anfang des Brandes alarmierte Feuerwehr aus Greven kam gegen 12 Uhr herbei. Man muss vermuten, dass der am Morgen auf seinem Grundstück östlich des Lagers C gewesene Landwirt den Waldweg als Heimweg benutzt hat und dabei noch glühende Tabakreste aus seiner Pfeife auf den Weg gestreut hat. Personen sind nicht verletzt, doch sollen 30-60 Morgen Kiefernwald und Heidefläche verbrannt worden sein."
Der Regierungspräsident machte sich berechtigte Sorgen und schrieb über den Amtmann in Greven (Hueske) an den Herrn Landrat in Münster: "Wiederum hat es in der Nähe des Depots Hembergen - jetzt Sprengstofflager der Dynamit AG - gebrannt. Das Feuer (Waldbrand) war in der Nähe des Blocks C entstanden. Es ist den Arbeitern des Werkes gelungen, die Gefahr rechtzeitig abzuwenden und den Brand zu löschen. Bei der Unmenge der dort lagernden Explosivstoffe, die im Fall des Hochgehens eines Schuppens, alle explodieren werden, zumal es an Schutzwällen fehlt, sind die Folgen eines derartigen Brandes nicht abzusehen. Es ist daher die Forderung nach weiteren Schutzbedingungen begründet. Vor allem müssen größere Schutzstreifen rund um das Lager geschaffen werden. Dem Vernehmen nach will die Firma noch weitere 500 t Schießbaumwolle lagern. Ich muss hiergegen aus sicherheitspolizeilichen Gründen das größte Bedenken geltend machen und bitte der Firma die Erlaubnis zur Einlagerung dieses Materials zu versagen. Dem Gewerbeaufsichtsamt habe ich ein gleichlautendes Schriftstück vorgelegt."
Ein Zeitzeuge:
"Munition habe ich als Kind keine mehr gesehen, aber ich weiß, dass drei Erwachsene durch eine Explosion im Block B schwere Verbrennungen hatten, und auf einem Karren zu meinen Eltern gebracht worden sind, weil Vater eine Bescheinigung ausstellen konnte. Diese drei waren Arbeiter der Dynamit Gesellschaft wo Vater beschäftigt war. Meine Mutter hat die drei Verwundeten mit Trinkwasser versorgt. Die Personen hätten von einer Pulvermühle gesprochen. Das muß so um das Jahr 1922 gewesen sein." (Anmerkung: Tatsächlich: Die DAG zerkleinerte 1922 mit Hilfe einer Excelsiansmühle das Nitroglyzerinpulvers im Depot B.)
Frau Wwe. Hanhoff-Stemping, Nordwalde, stellte am 30. August 1922 einen Antrag auf Entschädigung für zerbrochene Fensterscheiben. Die Sprengung fand in einer Kiesgrube, die zum Grundstück des Herrn Schweer gehört, statt. Das betroffene Haus ist nach Meinung der Behörden zu weit entfernt von der Sprengstelle, als dass daher der Schaden kommen könnte. Schließlich zahlt das Reichsschatzministerium am 27.12.1922 trotzdem den geforderten Betrag von 1.206,80 Mark.
Das Zubruchgehen von Fensterscheiben und die daraus resultierende Schadensersatzforderung eines Einwohners in Nordwalde waren die Folge einer Explosion von Beutemunition ca. 1,5 Kilometer westlich des Sprengstofflagers Hembergen im Jahre 1922.
Im Herbst 1922 muss es noch zu einer weiteren größeren Explosion mit Todesfolge gekommen sein, denn nachfolgender Text läßt diese Vermutung zu. Das Gewerbeaufsichtsamt teilte folgenden Vermerk der vorgesetzten Dienstbehörde mit: "In einer Strafsache gegen Callenberg und Genossen wegen fahrlässiger Tötung im Sprengstofflager Hembergen bin ich zum 26. Oktober 1922 als Sachverständiger vor die hiesige Strafkammer geladen. Meine Vernehmung ist unbedenklich. Jacobi."
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