Bahnhof Hembergen / Bahnhof Reckenfeld |
Texte und Grafiken von Hans-Jörg Siepert, Reckenfeld. Weitere Texe und Grafiken von Manfred Rech sowie Grafiken von Ludger Westerkamp
Vorgeschichte |
Eine Eisenbahn mitten durch das Reckenfeld - oder wie die Bahnstrecke Münster-Rheine entstand Am 3. März 1846 schlossen das Königreich Hannover und das Königreich Preußen einen Staatsvertrag, in dem sie bereit waren: "[...] die Anlegung von Eisenbahnen von Emden nach Münster zum unmittelbaren Anschluß von da nach Hamm und von der Cöln-Mindener-Eisenbahn in die Gegend von Löhne nach Osnabrück innerhalb ihrer Staatsgebiete zuzulassen und zu fördern." Die politischen Unruhen des Jahres 1848 brachten die Angelegenheit zunächst zum Stillstand. Als 1850 die Verhandlungen zwischen Preußen und Hannover wieder aufgenommen wurden, lehnte Preußen die Linie Osnabrück-Lingen ab und bestand darauf, die Ost-West-Verbindung über Rheine und somit über preußisches Gebiet zu führen. Im übrigen erklärte sich Preußen bereit, mit dem Bau der Bahn zwischen Münster und Rheine unverzüglich zu beginnen. Am 27. Januar 1852 schlossen Preußen und Hannover einen Vertrag, in dem sich beide Seiten verpflichteten, die Eisenbahnen von Rheine nach Löhne und von Münster nach Emden herzustellen und in einer angemessenen Frist zu vollenden. Die Ausbaupläne der "Hannoverschen Staatseisenbahnen" für das Osnabrücker- und Emsland sorgten nun für Druck von Seiten der preußischen Staatsregierung auf die Münster-Hammer-Eisenbahngesellschaft (eröffnet am 26. Mai 1848), den geplanten Ausbau nach Rheine nicht weiter zu verzögern. Da es der Münster-Hammer-Eisenbahngesellschaft an dem notwendigen Kapital mangelte, wurde diese Bahngesellschaft kurzerhand verstaatlicht. Zum 12. Januar 1855 wurde diese Bahngesellschaft auf den preußischen Staat übertragen und der Königlichen Direktion der Westfälischen Eisenbahn unterstellt, desgleichen auch der Bau der Strecke von Münster nach Rheine. Streit um die Streckenführung Obwohl sich beide Seiten geeinigt hatten, traten beim Bau der Strecke Münster-Rheine erneut Verzögerungen auf, da neue Vorschläge für die Linienführung unterbreitet wurden. Die Bahnstrecke sollte nicht mehr, wie geplant, über Greven und Emsdetten in gerader Richtung nach Rheine führen, sondern einen Umweg über Burgsteinfurt und Neuenkirchen nehmen. Urheber dieses Vorschlages waren der Burgsteinfurter Magistrat und die Vertreter verschiedener benachbarter Kreise und Gemeinden. Es wurden sechs Vorschläge für eine mögliche Linienführung erarbeitet, wobei die Linie über Burgsteinfurt in ein besonders günstiges Licht gerückt und die Strecke über Greven und Emsdetten für unzweckmäßig erklärt wurde. Als Hauptargument für den neuen Vorschlag wurde die größere Bevölkerungsdichte der Region um Burgsteinfurt angesehen. Mit Unterstützung des Erbprinzen zu Steinfurt gelang es den Burgsteinfurtern tatsächlich, den preußischen König und das zuständige Ministerium in ihrem Sinne zu beeinflussen. Daraufhin wurde eine Linie von Münster über Nienberge-Borghorst-Burgsteinfurt-Neuenkirchen nach Rheine vermessen. Sogleich wurde in Rheine eine Kommission gegründet, die in enger Zusammenarbeit mit Emden, Leer, Osnabrück, Emsdetten und Greven die ursprüngliche Linienführung durchsetzen sollte. Die Kaufleute und Fabrikanten dieser Städte waren an einem möglichst geradlinigen und zeitsparenden Streckenverlauf interessiert. Die Grevener Interessen wurden vehement von dem Kaufmann und Kommerzienrat Johann Christoph Biederlack (1773-1854) vertreten. Unermüdlich stritt er für die Vorteile der Strecke über Greven und Emsdetten und versicherte sich der Unterstützung von Friedrich Harkort (1793-1887) aus Wetter an der Ruhr, der einer der bedeutenden Vorkämpfer des preußischen Eisenbahnwesens der damaligen Zeit war. Zusammen mit dem Kommerzienrat Biederlack bemühten sich auch der Grevener Kaufmann Ludwig Terfloth (1796-1887) und der damalige Grevener Amtmann Friedrich Wilhelm Tümmler (1794 - 1877) bei dem damaligen preußischen König Friedrich-Wilhelm IV, die Streckenführung über Greven beizubehalten. Diese Personen fotografisch dargestellt: Nach Interventionen der Rheinenser Kommission sicherte der preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten zu, die Frage der Linienführung nochmals gründlich zu prüfen. Aufgrund der Vermessungen entschied man sich für die Linie Münster über Greven, Emsdetten und Mesum nach Rheine. Am 16. Mai 1853 ordnete das Ministerium die Ausführung des Bahnbaues an. Dennoch wurden bald Gerüchte laut, dass allen Entscheidungen zum Trotze der Burgsteinfurter Vorschlag angenommen werden sollte. Offensichtlich hatte der Fürst von Steinfurt wieder seinen Einfluß am preußischen Hof erfolgreich geltend gemacht. Eine Welle von Protesten war die Folge. "Die Linie über Steinfurt", schrieb Friedrich Harkort, "ist eine Versündigung an dem großen Verkehr, der sich im Laufe der Zeit mit Leer und Emden entwickeln muß." Der hannoversche Ministerpräsident von Schele sah in dieser Haltung Preußens gar einen Bruch des Staatsvertrages. Mit Unterstützung des Fürsten Napoleon zu Rheina-Wolbeck und zahlreichen anderen Bitt- und Denkschriften wurde eine Änderung der Haltung der preußischen Behörden herbeigeführt. Als am 26. April 1855 aus Berlin das Telegramm mit der Nachricht eintraf, dass der preußische Landtag die Eisenbahnlinie über Greven und Emsdetten genehmigt hatte, kannte der Jubel in Greven keine Grenzen. Wäre hier eine andere Entscheidung getroffen worden und die Strecke über Borghorst und Bursteinfurt gebaut worden, hätte es den Ort Reckenfeld wohl nie gegeben. Die Entscheidung während des Ersten Weltkrieges, hier ein Munitionsdepot anzulegen, gründete sich hauptsächlichst auf den günstigen Anschluß an die Bahnstrecke Münster - Rheine. Beginn der Bauarbeiten an der Strecke Am 4. Mai 1855 ging vom Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten eine Depesche an die Königliche Direktion der Westfälischen Eisenbahn, in der die sofortige Aufnahme der Vorarbeiten für den Bau der Linie über Greven und Emsdetten angeordnet wurde. Die Bauleitung der beiden Bahnen von Rheine nach Osnabrück und die der von Münster nach Rheine wurde zusammengelegt. Nach jahrelangen Verzögerungen war man nun bestrebt, den Bau der Bahnstrecke mit allen Mittel voranzutreiben, denn die Strecke von Münster nach Rheine sollte gleichzeitig mit der Linie von Rheine nach Osnabrück, an der schon seit 1853 gebaut wurde, fertiggestellt werden. Das energische, aber in den Augen vieler Bürger überstürzte Vorgehen der Behörden löste zahlreiche Streitigkeiten und Querelen aus. Das Grunderwerbsverfahren erzeugte in der Bevölkerung eine geradezu preußenfeindliche Stimmung. Es hagelte Proteste aufgrund zu geringer Bodenentschädigungen, gegen Enteignungen und gegen die Zerstörung landwirtschaftlicher Wege. Unmut rief auch die Aufforderung hervor, alle in der Nähe des Bahndamms gelegenen mit Stroh gedeckten Häuser zum Schutz gegen Funkenflug mit Ziegeln zu bedecken. Daß der Bahnbau auch nicht so reibungslos vonstatten ging, wie man ursprünglich geglaubt hatte, belegt ein Beitrag der "Emsdettener Heimatblätter", herausgegeben vom Heimatbund Emsdetten. Bahnbau und erster Streik in Emsdetten Folgender Beitrag wurde dem Heimatbund Emsdetten von einem seiner ältesten Mitglieder zur Verfügung gestellt. Er enthält die Erlebnisse seines Vaters, die dieser im gesegneten Alter von mehr als 80 Jahren so oft und gern zum Besten gab: "Man schrieb das Jahr 1854. Emsdettens Bevölkerung lebte in den denkbar dürftigsten Verhältnissen. Der Haupterwerbszweig der Bewohner, die Handweberei, ging schon seit Jahren schlecht; dazu hatten Mißernten und Teuerung Ende der 40er Jahre den hier und da etwa noch vorhandenen bescheidenen Wohlstand total zerstört. Groß war deshalb die Freude, als an einem Samstagabend, im Herbst des vorhin erwähnten Jahres, die frohe Kunde unsern Ort durcheilte: Wir bekommen die Eisenbahn! War man sich auch der Tragweite dessen, was dieses neue Verkehrsmittel für die Zukunft unseres Ortes bedeuten würde damals noch nicht bewußt, so war doch eines klar: Durch den Bahnbau gibt es Arbeit und Brot. Die Emsdettener Kaufleute aber schauten schon weiter, sie ließen des Sonntagmorgens durch die Ortsschelle bekannt machen: Alle Männer und Jünglinge möchten sich nach dem Hochamt in der Wirtschaft Wilm-Antons einfinden. Dort gab es dann, auf Kosten der Einberufenen, einen ganz fidelen Frühschoppen, der sich, wie sich denken läßt, bis in die ersten Nachmittagsstunden hinzog. Keiner brauchte etwas zu bezahlen, alles war umsonst. Noch lange wurde in Emsdetten von diesem frohen Umtrunk gesprochen. Mit Beginn des Frühjahrs 1855 waren die Vermessungsarbeiten zum Abschluß gebracht, und es konnte mit der Errichtung des Bahndammes begonnen werden. Ein gewaltiges Stück Arbeit war zu bewältigen, die modernen Beförderungsmittel, wie wir sie kennen, Feldbahngleise und dergleichen, standen unsern Vorfahren nicht zur Verfügung, sondern alles wurde mit der Schiebkarre gemacht. In langer Reihe, einer hinter dem andern, holte man tagaus tagein die Erdmassen vom sogenannten Reckers Hügel. Wenn man bedenkt, dass der ganze Bahndamm, angefangen hinter dem Krankenhaus bis hinter Dahlmanns Lauge, auf diese Weise zustande gekommen ist, sieht man, dass es wirklich eine mühevolle Arbeit war. Morgens 6 Uhr begann das Tagewerk und dauerte bis abends 7 Uhr bei einem Verdienst von 55 Pfennig täglich. Obgleich nun unsere Vorfahren wohl schwere und harte Arbeit gewohnt waren, so wurden sie doch bald sehr enttäuscht, denn es wurde von ihnen mehr verlangt als sie beim besten Willen leisten konnten. Zwar tat jeder sein Möglichstes, der Bauführer verlangte aber immer noch mehr an Leistung. Schließlich wurde es den Leuten überdrüssig, und so legte man am Gründonnerstag kurz entschlossen die Arbeit nieder und setzte sich am Bahndamm in die warme Frühlingssonne. Bald war der Bauführer zur Stelle und herrschte die Leute an: "Wollt ihr nicht mehr arbeiten?" Man erklärte ihm, man wolle ganz gerne arbeiten, aber nur unter menschenwürdigen Bedingungen. Doch die Antwort lautete: "Macht, dass ihr vom Bahndamm herunter kommt." So fuhren denn die Leute ruhig mit ihrer Schiebkarre nach Haus, und der Bahnbau war fürs erste stillgelegt. Doch schon 4 Tage später, am Ostermontag, wurde in der Kirche bekannt gemacht, diejenigen Leute, die am Bahnbau gearbeitet hätten, sollten am andern Tag wieder kommen, die Sache würde anders geregelt werden. Und so kam es denn auch, der bisherige Bauführer war durch einen anderen ersetzt worden. Das unsinnige Antreiben hörte auf, man konnte jetzt die Arbeit gut bewältigen, und der Tagelohn wurde außerdem um 5 Pf. erhöht. So ging es jetzt wieder mit frischem Mut ans Werk, und der Bahnbau kam ohne weitere Zwischenfälle zur Vollendung. 1856 durchbrauste dann das erste Dampfroß unsern Ort und Emsdetten ging einer besseren Zukunft entgegen." Eröffnung und Betrieb Die Strecke Münster-Rheine der Westfälischen-Eisenbahn, die zunächst nur eingleisig gebaut wurde, wurde auf Anweisung des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten am 1. Juni 1856 ohne besondere Feierlichkeiten in Betrieb genommen. Am 20. Juni 1856 fuhr ein Sonderzug mit preußischen Behördenvertretern von Münster nach Rheine. In Rheine wurde der Zug mit einem weiteren Sonderzug, der von Osnabrück herangekommen war, zusammen gekoppelt und dann weiter bis zur Endstation Emden gefahren. Die Freigabe der Strecke für den regulären öffentlichen Eisenbahnverkehr erfolgte dann am 23. Juni 1856. Von den Anfängen bis zur Königlich-Preußischen-Eisenbahn-Verwaltung (KPEV) In den 1860er Jahren nahm neben dem Personenverkehr auch der Güterverkehr ständig zu. Gerade für die aufstrebenden Fabriken in Greven und Emsdetten war die Bahn eine gute und schnelle Transportmöglichkeit und somit ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen, die weit ab einer Bahnlinie und eines Bahnhofes lagen. In den Jahren nach 1870/71, in denen nach dem Deutsch-Französischem Kriege das II. Deutsche Reich gegründet wurde, setzte ein starker Verkehrsaufschwung in den sogenannten Gründerjahren ein. In dem Krieg mit Frankreich von 1870/71 wurden viele negative Erfahrungen mit dem militärischen Nachschub gemacht, die durch die unzulänglichen technischen Übereinstimmungen der verschiedenen Privatbahnen entstanden waren. Denn außer der Spurweite hatten die Bahnen nicht viel miteinander gemeinsam. Deshalb drängte der Reichskanzler Otto von Bismarck auf eine Verstaatlichung aller Privatbahnen in Preußen, um so die technischen Standards zu vereinheitlichen. Am 1. April 1880 wurde die Westfälische Eisenbahn aufgelöst und auf die Verwaltungsbezirke der Eisenbahndirektionen Hannover (Das Königreich Hannover war 1867 Teil des Königreiches Preußen geworden) und Cöln-Rechtsrheinisch verteilt. Dies war die Geburtsstunde der Königlich-Preußischen-Eisenbahn-Verwaltung, kurz KPEV genannt. Die Aufhebung der Eisenbahndirektion war für die Provinzialhauptstadt Münster ein empfindlicher Verlust. Doch bereits 15 Jahre später wurde bei einer Neuordnung der Staatsbahnverwaltung Münster zum 1. April 1895 Sitz der neu gegründeten Königlichen-Eisenbahn-Direktion Münster (KED Münster), deren Bereich vom Ruhrgebiet bis vor die Tore Bremens und an die Friesischen Inseln reichte. Die vermehrten Zugfahrten, besonders im Güterverkehr (im Jahre 1895 verkehrten werktäglich 22 Güterzüge zwischen Hamm und Emden), machten es zum Beispiel im Jahre 1894 auf unserer Strecke erforderlich, einen Betriebsbahnhof, in zeitgenössischen Unterlagen "Blockstelle" genannt, in der Höhe des heutigen Bahnhofs Reckenfeld einzurichten. Dieser Betriebsbahnhof diente dazu, die Möglichkeit zu schaffen, auf der eingleisigen Strecke mit anderen Zügen zu kreuzen oder langsamere zu überholen. Der Betriebsbahnhof wurde 1907 wieder aufgegeben, nachdem die Strecke ein zweites Gleis erhalten hatte. Bau des zweiten Streckengleises und andere Verbesserungen Eine herausragende Verbesserung der betrieblichen Möglichkeiten auf unserer Strecke war die Verlegung des zweiten Gleises, der entsprechende Umbau der Bahnhöfe, das Anpassen und die Erneuerung der Sicherungstechnik. Zu den umfangreichen Planungen und Arbeiten ab etwa 1900 gehörte auch das Höherlegen der Bahnanlagen in Münster und das Verlegen in die heutige Lage, das Verbreitern der Bahndämme auf der freien Strecke, vor allem des hohen Dammes in Emsnähe (Herbern), sowie der Einbau von breiteren und tragfähigeren Brücken. Zeitzeuge Paul Wieskötter: "Beim Bau des zweiten Gleises auf der Strecke Greven-Emsdetten mussten die Bauern, die Ländereien an der Bahnstrecke hatten, Boden bzw. Erde abgeben, um den Bahndamm auffüllen zu können. Die Auffüllung erfolgte ab dem Bahnübergang der Straße von Greven nach Hembergen, wo später der Schrankenwärterposten war, bis kurz vor dem Bahnübergang Kerkstiege. Diese starken Abtragungen sind heute noch zu sehen. Die Abgabe der Erde ging wie folgt vonstatten: Der Mutterboden wurde abgetragen und dann wurde 40-50cm tief Land abgestochen und zur Auffüllung genommen. Der Mutterboden wurde danach wieder in das nun tiefer liegende Gelände zurückgebracht." Am 28. Mai 1907 wurde das zweite Gleis nebst allen anderen neuen Anlagen landespolizeilich abgenommen. Damit war die Strecke Münster-Greven-Rheine eine zweigleisige Hauptstrecke geworden, die den gestiegenen Anforderungen, besonders im aufkommenden Eisenerzverkehr vom Hafen Emden zu den Stahlwerken im Ruhrgebiet, gerecht werden konnte. |
Beginn und Werdegang des Bahnhofs Reckenfeld | ||||||||||||||
Haltepunkt Hembergen Was vorher geschah:
1918 beantragte Landwirt Schulze-Grotthoff beim Amt Greven den Bau eines Fußweges von Herbern zum Bahnhof Hembergen. Und wie auch heute noch erkennbar, ist dieser Weg gebaut worden. Der Hemberger Weg, der vor Jahrhunderten den Landwirten die Möglichkeit verschaffte, aus Herbern und Hembergen zu ihren Ländereien in der Gemarkung Reckenfeld zu gelangen, ist die heutige Bahnhofstraße in Reckenfeld. Der Wandel, von einem Feldweg bis zu einer Orts-Einfahrt-/Ausfahrtstraße, das zeigen folgende Fotos, hier! Staatsbahnhof Hembergen Mit der bahnamtlichen Abnahme der Gesamtanlage des Depots und dem Staatsbahnhof am 8. Februar 1918 wurde aus der "Anschlußweiche auf freier Strecke" nach dem entsprechenden Ausbau offiziell der Bahnhof Hembergen. Mit dem Abnahmetag war der Bahnhof Hembergen mit seinen Nebengleisen, Weichen und Signalanlagen fast fertig und nutzbar, es fehlte nur noch das nördliche Ausziehgleis, welches wenig später gelegt wurde. Von den Hochbauten war zu diesem Zeitpunkt nur das Wärterstellwerk Hembergen Nord, später Reckenfeld Nord, errichtet und in Betrieb. Das Empfangsgebäude des Bahnhofs am Bahnübergang des Hembergener Weges (später Bahnhofstraße) wurde erst am 15. Juni 1918 bezogen. Bis dahin waren der Bahnhofsvorsteher und der Fahrdienstleiter mit dem Befehlsstellwerk in einer Baracke oder ähnlichem provisorisch untergebracht. Der Bahnhof Hembergen war also ab dem 9. Februar 1918 eine eigene Dienststelle mit dem Dienstposten eines Bahnhofsvorstehers für die Abfertigung von Wagenladungen, Stückgut und Expreßgut, mindestens vier Bediensteten für den Stellwerksdienst und zwei Schrankenwärtern, die im Schichtdienst dafür sorgten, dass der Verkehr 24 Stunden durch den Bahnhof rollen konnte. Hier die Nutzung der verschiedenen Gleise:
Fotos von den Signal- und Weichenhebelschildern: hier! Munitionsdepot zwischen Greven und Emsdetten Um die Nachschublogistik von den Munitionsfabriken zu den Fronten zu verbessern, plante das Militär die Anlage von drei "Nahkampfmitteldepots". Eines davon wurde an der Strecke Münster-Rheine geplant und gebaut. Aus diesem Munitionsdepot entstand später der Grevener Stadtteil Reckenfeld. Weshalb das Militär gerade dieses Gelände auswählte, läßt sich wie folgt erklären: Die An- und Abfuhr von militärischen Gütern war damals in den benötigten großen Mengen nur per Eisenbahn möglich. Die Strecke Münster-Rheine war erst vor wenigen Jahren zweigleisig ausgebaut worden, war aber noch nicht mit einem so starken Güterverkehr ausgelastet, wie zum Beispiel die Strecken im Ruhrgebiet oder die Strecke Münster-Hamburg oder die Linie Hamm-Minden. In Münster verknüpften sich zahlreiche Strecken, so die von und nach Bremen/Hamburg, ins Ruhrgebiet und ins Westmünsterland. Auf der Gegenseite bot Rheine Fahrmöglichkeiten nach Holland, nach Hannover/Berlin, nach Emden/Norddeich, nach Oldenburg/Wilhelmshaven und nach Oberhausen über Coesfeld. Zudem wurde seit 1911 zwischen Rheine und Hauenhorst ein neuer großer Rangierbahnhof mit einem stattlichen Bahnbetriebswerk gebaut, aber erst 1919 vollendet. Gerade die Strecke nach Oberhausen war für das Militär von besonderer strategischer Bedeutung. Denn diese Strecke bot die Möglichkeit, Militärtransporte nördlich am Ruhrgebiet vorbei zu führen und von Rheine über Oberhausen, Duisburg, Krefeld und Aachen nach Belgien zu bringen, ohne die dicht belegten Ruhrgebietsstrecken zu berühren. Weiterhin war das Gebiet - die Gemarkung Reckenfeld - recht eben und ohne größere Siedlungen in der Nähe. Für das Militär waren das also ideale Voraussetzungen, hier ein großes Munitionsdepot zu errichten. Über die Entstehung des Munitionsdepots zwischen Greven und Emsdetten erfahren Sie hier mehr!
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Der Zweite Weltkrieg und hiesige Folgen | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Zweiter Weltkrieg (1939-1945) Am 1. September 1939 begann mit dem Überfall von Hitlers Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg. Da der Aufmarsch per Bahn im Osten des Reiches stattfand, traten keine so umfangreichen Einschränkungen beim Fahrplanangebot in Kraft, wie es im Ersten Weltkrieg der Fall war. Daher änderte sich der Fahrplan der Reichsbahn bei Kriegsbeginn nur wenig und es bleib mitten im Deutschen Reich noch friedlich, aber dies sollte sich bald ändern. [...] Ab dem 1. Januar 1941 diente das Bahnhofsgebäude in Reckenfeld als öffentlicher Luftschutzraum für etwa 30 Personen. Ab 1944 wurden verstärkt Bahnhöfe und Züge Ziel alliierter Bomberverbände und Jagdbomber, weil die Zerstörung der bis dahin noch gut funktionierenden Deutschen Reichsbahn als wichtiges Kriegsziel angesehen wurde. Auch die Strecke und der Bahnhof von Reckenfeld wurden so zum Kriegsschauplatz und man mußte jederzeit einen Fliegerangriff befürchten und bereit sein, Deckung zu suchen. Meine Mutter (Renate Siepert) schilderte mir so ihre Erlebnisse als damals achtjähriges Mädchen in den Jahren 1944/45 in Reckenfeld: "Mein Vater arbeitete während des Krieges bei der Reichspost. Werktags fuhr er abends die Briefe und Pakete mit dem Fahrrad von der Post im Ortsteil B zum Bahnhof Reckenfeld, um sie zum Zug zu bringen. Er hat dann erzählt, wie sich die Leute aus den Zügen, wenn Fliegeralarm war, hinter einem dicken Baum auf einer Wiese gegenüber des Bahnsteiges in Richtung Münster, vor den Flugzeugen versteckt haben. Ich selbst habe gesehen, wie manchmal an den Zügen hinten auch ein Wagen mit einer Kanone angehängt war. Die Flugzeuge schossen immer zuerst auf die Lok, wenn sie angriffen. Ein mutiger älterer Mann kletterte dann auf den Wagen und schoß mit der Kanone auf das Flugzeug. Der Flieger suchte dann schnell das Weite. Wenn es Tote oder Verletzte gegeben hatte, nahm man sie im Zug mit. In Emsdetten wurden sie dann auf einem Bahnübergang am Krankenhaus aus dem Zug hinausgetragen." Zeitzeuge Karl Brüggemann aus Reckenfeld, damals 13 Jahre: "Mein Vater (Carl Brüggemann) war der Bahnhofsvorsteher von Reckenfeld, wir wohnten direkt dem Bahnhof gegenüber in dem kleinen Haus. Einmal, bei einem Fliegeralarm, bleib ein Transportzug der Wehrmacht bei uns im Bahnhof stehen. Der Lokführer weigerte sich, bei Fliegeralarm weiter zu fahren. Ein höherer Offizier, der im Zug mitfuhr, machte daraufhin ein großes Theater auf dem Bahnsteig und wollte, dass der Zug sofort seine Fahrt fortsetzen sollte. Schließlich holte er per Telefon einen Befehl für den Lokführer von höherer Stelle ein, dass dieser weiter zu fahren habe. Gerade als er den Bahnsteig zur Lok entlang lief, tauchte der feindliche Flieger auf und nahm den Zug unter Beschuß. Der Offizier konnte sich gerade noch auf den Boden werfen und hatte ein unwahrscheinliches Glück, dass er nicht getroffen wurde als die Kugeln einschlugen. Als der Angriff vorbei war, war der Offizier recht kleinlaut geworden. Gefürchtet waren die Flugzeuge mit dem Doppelrumpf (Anmerkung: P38 "Lightning" der US-Airforce), die sehr schnell waren. Abends in der Dämmerung flog dann oft ein einzelnes Feindflugzeug die Bahnstrecke ab. Wir sagten dann immer: "Schaut, da kommt der Eiserne Gustav wieder." (Anmerkung: An einigen Zügen, vor allem bei wichtigen Transportzügen, war hinten ein Flak-Wagen angehängt, manchmal sogar mit einer Vierlings-Flak darauf.) "Auf Gleis 3 in unserem Bahnhof stand für einige Zeit ein Bauzug mit Wohn- und Aufenthaltswagen. Hier waren unter anderem russische Zwangsarbeiter untergebracht, die nach Luftangriffen die Gleise reparieren mussten. Einmal ist dieser Bauzug auch beschossen worden. Der Küchenwagen erhielt einen Volltreffer, hierbei gab es Tote und Verletzte. Die Toten waren schrecklich verstümmelt. Der Bauzug ist dann bald abgezogen worden. Dafür wurden auf diesem Gleis bereits beschädigte Dampfloks abgestellt, auf die die Flugzeuge dann immer wieder schossen. Im Bahnhofsgebäude war eine stabile Betonwand eingebaut worden, die als Schutz gegen Splitter und Geschosse dienen sollte. Am 16. Februar 1945 erfolgte ein großer Angriff auf den Bahnhof Reckenfeld. Eine Fliegerbombe traf genau in das Dienstzimmer meines Vaters und sprengte die eine Seite des Gebäudes auf. Glücklicherweise hielt sich zur Zeit des Bombentreffers niemand im Gebäude auf. Ein Eisenbahner, der in diesen Minuten auf dem Weg zum Dienstbeginn im Bahnhof war, versteckte sich zuerst hinter einer Litfaßsäule an der Straßenecke, heute Bahnhofstraße/Grüner Grund genannt. Er suchte dann aber Schutz in dem tiefen Graben des ehemaligen Bahndammes aus Munitionsdepotzeiten. Er hatte Glück und blieb unverletzt. Die Litfaßsäule aber wurde zerschossen. Wäre er dort geblieben, wäre er wohl getötet worden. Wenn ein Fliegerangriff vorbei war, sind wir Kinder oft zu den Stellen gelaufen, von wo aus die Flieger geschossen hatten und haben die Geschoßhülsen aufgesammelt. Nach dem Angriff am 28. November 1944 bei Grotthoff habe ich die Toten am Bahndamm liegen sehen. Die haben ausgesehen, als wenn sie schlafen würden. Als Kind denkt man sich ja nichts dabei." In den letzten Kriegsmonaten war eine Zugfahrt, besonders bei Tageslicht, ein Lotteriespiel mit dem Tod. Hier die Fliegerangriffe auf Züge im Bereich von Greven in der Zeit vom Mai 1944 bis zum April 1945: (Diese folgenden Daten stammen aus dem Buch von Hans Galen "Greven 1918-1950", Bd.2)
Zeitzeuge Jürgen Schute: "Auf dem Abstellgleis im Bahnhof Reckenfeld lag ein Lazarett-Zug mit deutschen verwundeten Soldaten. Bei meinem letzten Besuch erhielt ich von meinem verwundeten 'Held' ein selbstgeschnitztes Holzsegelflugzeug. Oft war ich bei ihm in den Tagen der 'Standzeit'. Er hatte die Hoffnung, bald nach Hause zu kommen." Als am 31. März 1945 im Raum Greven kanadische und britische Truppen einmarschierten und die NS-Herrschaft beendeten, waren alle froh, das Inferno überlebt zu haben. Kriegsende 1945 Reckenfeld wurde direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 auf Veranlassung der Alliierten zur Hälfte mit Polen besetzt. Die Besetzung dauerte fast fünf Jahre. In diese Zeit fällt folgende Aussage von Jürgen Schute: "Nicht-Reckenfelder benutzten nur den Begriff "Schreckenfeld". Bahnfahrer lösten lieber von Münster oder Greven eine Fahrkarte bis Emsdetten, um nicht 'Reckenfeld' am Schalter sagen zu müssen." Nach dem Kriegsende kam auf unserer Strecke der Eisenbahnverkehr recht schnell wieder in Gang. Das teilweise zerstörte Bahnhofsgebäude in Reckenfeld wurde behelfsmäßig instand gesetzt. Weiterhin wurden die Beschädigungen, die durch Sprengbomben an den Bahndämmen entstanden waren, ausgebessert. Die wenigen in der ersten Nachkriegszeit verkehrenden Personenzüge waren hoffnungslos überfüllt, so dass Leute noch außen an den Wagen auf den Trittbrettern standen oder auf den Wagendächern saßen, um irgendwie mitzukommen. Bis zur Gründung der Deutschen Bundesbahn im Jahre 1949 konnte die Deutsche Reichsbahn der "Brit.-US-Zone" den Bahnbetrieb fast wieder auf Vorkriegsstandard bringen. |
Nach dem Zweiten Weltkrieg | ||||||||
Bahnhofsdienst nach 1945 Noch einmal Karl Brüggemann, damals Jungwerker auf dem Bahnhof Reckenfeld, als Zeitzeuge: "Der Dienst war wie folgt eingeteilt: Der Vorsteher, mein Vater, erledigte die schriftlichen Dinge wie Frachtbriefe, Telegramme, Dienstpost, Abrechnungen des Fahrkartenschalters sowie die der Güterabfertigung. Auch die Dienstpläne für die ihm unterstellten Eisenbahner hatte er aufzustellen. Damals war es aber auch noch üblich, dass der Bahnhofsvorsteher bei der Durchfahrt eines Schnellzuges, vor dem Bahnhofsgebäude stehend, den Lokführer des vorbeifahrenden Zuges mit der rechten Hand an der Dienstmütze grüßte. Der Lokführer grüßte dann auch so zurück. Der Fahrdienstleiter war zusammen mit dem Stellwerkswärter, der am anderen Ende des Bahnhofs in einem Stellwerk saß, für das Stellen der Weichen und das Ziehen der Signale zuständig. Weiterhin war er für das Abgeben und Annehmen der Zugmeldungen zu den anderen Bahnhöfen sowie das Erteilen der Abfahrtaufträge mit der ‚Kelle' für die Züge am Bahnsteig zuständig . Dann waren da auch noch ein Schrankenwärter und ein Jungwerker (Lehrling) tätig, die die Schranken an der Bahnhofstraße und die Fernschranke am südlichen Ende des Bahnhofes bedienten, die Fahrkartenkontrolle an der Bahnsteigsperre erledigten, Post, Expreßgut und Gepäck mit einer Karre auf die Bahnsteige zu den Zügen brachten. Weiterhin waren die beiden für das Schmieren der Weichen, für die Pflege der Signallaternen und deren pünktliches Hochziehen an den Signalen zuständig. Die Signallaternen funktionierten noch nicht mit Strom, sondern mit Karbid oder Petroleum. Das richtige Einstellen der Petroleumlampen war eine Kunst für sich: Stellte man den Docht zu hoch ein, brannte die Lampe aus, der Glaszylinder platzte und das Innere der Lampe verrußte völlig. Dann mußte man schnell in der Dunkelheit mit einer neuen Lampe zu dem Signal rennen, die kaputte Lampe herunterlassen und die neue hinauf kurbeln. Mit den Laternen hatte man viel Arbeit. Die Fernschranke bei Fleuth machte auch oft Ärger. Wenn man sie zu schnell herunterkurbelte, sprang das Stahlseil gerne von der Seiltrommel ab und die Schranke bewegte sich nicht mehr. Wenn das passierte, dann mußte man schnell mit dem Fahrrad über den Bahnsteig und entlang der Gleise dorthin fahren und den Bahnübergang mit der Signalfahne sichern. In der direkten Nachkriegszeit ist es öfter vorgekommen, dass Leute die Türen einiger Kohlenwagen von den am Einfahrtsignal haltenden Güterzügen losgerissen haben, um die Kohlen klauen zu können. Dann rutschten immer ein paar Tonnen Kohle in den Graben, die aber schnell in Säcke verstaut und fortgeschafft wurden. Wir als Eisenbahner und deren Familie hatten aber auch nichts zum Heizen. So haben wir öfter zu Lokführern der Züge, die bei uns hielten, gesagt: "Ihr bekommt hier keine Ausfahrt, bevor wir nicht ein paar Kohlen von euch bekommen haben." Die meisten Lokführer haben gelacht und hatten Mitleid mit uns und so bekamen wir Kohlen für unsere Öfen. Mit den Polen aus dem DP-Lager (Displaced Persons), von den Deutschen im Krieg verschleppte Ausländer) hatten wir auch manchmal Ärger. Die einen bezahlten ihre Fahrkarten mit großen Geldscheinen und wollten das Wechselgeld nicht zurück haben und von anderen bekamen wir Schläge angedroht, wenn wir sie an der Sperre nach der Fahrkarte fragten. Die haben wir dann einfach so fahren lassen. Was sollten wir denn machen? Damals fuhren die Leute aus den Städten mit den Zügen auf das Land, um zu 'hamstern'. Weil die Züge von Menschen völlig überfüllt waren, wurden die Säcke und Taschen mit den Sachen außen an den Abteilwagen auf den Trittbrettern festgebunden. Die Polen hatten sich eine lange Stange mit einem Eisenhaken daran gemacht und mit einem langen Seil an dem Mast des Einfahrtsignals befestigt und rissen so von den vorbeifahrenden Zügen die Taschen und Säcke ab. Dagegen konnten wir nichts machen, es gab ja noch keine neue Bahnpolizei. Mit der Zeit kam auch ein regulärer Frachtverkehr wieder in Gang. In Reckenfeld hatten wir einige Kunden, die ihre Güter per Bahn bezogen oder verschickten. Da kamen regelmäßig O-Wagen mit Kohlen und Briketts für die Händler Hofmann, Nortmann und Rickermann an, die die Wagen dann an der Ladestraße entluden und die Kohlen mit dem Pferdewagen abholten. Außerdem wurden hier auch Schweine, Rinder und Kühe verladen. Kartoffeln und Grubenholz wurden auch von hier versandt. Einen besonderen Dienst für Güterkunden, fernab der Schienen, gab es in den 1950er und 1960er Jahren in Emsdetten. Mit einem "Culemeyer-Straßenroller" konnten Güterwagen auf der Straße transportiert werden. So erhielt die Genossenschaft in Hembergen oft Güterwagen mit Karbid und Kunstdünger. Wenn die Straßenverhältnisse es zuließen, wurden die Güterwagen auch direkt zu den Bauernhöfen gefahren. Dort gab es für die drei Mann der Fahrzeugbesatzung auch manchmal einen Schnaps zu trinken. Das zusätzliche Rollgeld für die Straßenrolleranlieferung betrug Anfang der 1960er Jahre 28 DM." Der Reckenfelder Bahnhof wurde in wachsendem Maße für den Güterverkehr der Bauern aus Hembergen und Herbern genutzt. Die landwirtschaftliche Genossenschaft errichtete am Bahnhof einen Schuppen, der von den Polen 1947 abgerissen wurde. Die Zeitungen schrieben in den Jahren 1953 bis 1957 des öfteren über den unhaltbaren Zustand des Bahnhofes Reckenfeld. Ein paar Details daraus:
Erinnerungen von Bahnfahrten in den 1950er und 1960er Jahren Zeitzeuge Manfred Rech fuhr damals in den 1950er Jahren, wie viele andere Pendler auch, mit dem Zug nach Münster zur Arbeit. Hier seine persönlichen Fahrtbeschreibungen aus den Jahren 1954 bis 1964:
An einem Samstag bin ich in Münster von der Arbeit kommend durch den Bahnhofstunnel auf den Bahnsteig hochgerannt, weil es zeitlich knapp wurde. Rein in den Zug, und ab ging es. Nur nicht nach Reckenfeld. Gelandet bin ich in Rinkerode. Für die 'Lustfahrt' brauchte ich allerdings nichts zu bezahlen. Aber ich war erst am späten Nachmittag zu Hause. Wohlgemerkt, an einem Samstag! Bei meinen Zugfahrten in den 1980er Jahren habe ich mich an einem Abend auf der Nachhausefahrt so in meine Unterlagen eingelesen, dass ich nicht bemerkt habe, dass wir in Reckenfeld angehalten hatten. Erst als ich nach draußen sah - es war dunkel - sah ich Lichter, die mir fremd waren. Es waren die Lichter von Emsdetten. Ich habe mich dann vom Bahnhof mit dem Auto abholen lassen." Meine (Sieperts) Kindheitserinnerungen an Fahrten mit dem Zug nach Münster: "Mitte der 1960er Jahre war es immer ein besonderes Erlebnis, an einer Einkaufsfahrt nach Münster teilnehmen zu dürfen. Früh morgens wurde man als 5 bis 7jähriger Junge 'ordentlich' angezogen: angetan mit Kniestrümpfen, kurzer Lederhose und Hosenträgern mit dem obligatorischen "röhrenden Hirsch" auf dem Steg, sauberem Hemd und Windjacke, ging es dann mit der Mutter und den beiden anderen Geschwistern per Fahrrad zum Reckenfelder Bahnhof. Fast am Bahnhof angekommen, wurden die Fahrräder in einem langen Schuppen der Familie Vennemann diebstahlsicher untergebracht und schon marschierte die kleine Reisegruppe zum Bahnhofsgebäude. Es ging die Außentreppe hinauf und man trat durch eine große Tür in das Innere des Gebäudes. Die Tür bewegte sich langsam zu, um dann doch auf den letzten Zentimetern mit einem kräftigen 'Schrumms' zu schließen, so dass jedesmal die Scheiben in den Fenstern wackelten. Den Schalterraum empfand ich als Kind riesig. Er war ringsum mit grauen Fliesen verkleidet und ansonsten fast leer, aber durch die Fenster an der linken Seite schön hell. Rechts an der Seite stand eine große Holzbank, dahinter an der Wand eine große schwarze Tafel mit merkwürdigen Rillen, in die kleine Plastikziffern und Buchstaben eingesteckt waren und so die Abfahrtszeiten der Züge in Richtung Münster und Rheine kund taten. Weiter an der rechten Seite befand sich der Fahrkartenschalter, das war ein Fenster in der Wand mit einem ovalen Loch in der Mitte, welches mit einem kleinen Türchen verschlossen werden konnte. Meine Mutter nannte dem Eisenbahner hinter der Scheibe den Fahrkartenwunsch "Ein Erwachsener und zwei Kinder, Rückfahrkarte nach Münster" und schon wurden die Pappkärtchen links aus einem seitlichen Schrank genommen und bei Zweien das untere Ende abgeschnitten: für die ‚halben Kinderportionen'. Dann wurden die Pappen in einem Apparat gestempelt, der durch das Nach-hinten-kippen das Datum einprägte. Die Karten wurden sodann in eine Mulde hinter der Scheibe gelegt, der Eisenbahner nannte meiner Mutter den Fahrpreis, sie legte daraufhin das Geld in eine Mulde auf unserer Seite der Scheibe, der Eisenbahner drehte einen Hebel um und ‚schwubdiwubs' fuhr das Geld an einer Seite unter der Scheibe hindurch und auf unserer Seite tauchten die Fahrkarten auf. Jetzt wurde es aber Zeit. Im Dienstzimmer begann der Eisenbahner damit, Stellhebel umzulegen, zum klingelnden Telefon zu greifen und per Knopfdruck die Schrankenbäume zu schließen. Da wurden wir aber auch flott: schnell aus den Gebäude heraus, die Straße überquert und hinüber zum Bahnsteig in Richtung Münster. Ein Blick in Richtung Emsdetten ließ einen schwarzen Punkt mit einer Wolke darüber erkennen, der langsam größer wurde. Nach einer langen Minute des Wartens fuhr der Zug an den Bahnsteig. Unwillkürlich trat man bei der Vorbeifahrt der Dampflok einen Schritt zurück und spürte die Wärme, die die riesige Maschine abstrahlte. Wie? Telegrafendrähte? Zur Dampflokzeit standen entlang der Bahnstrecken Holzmasten mit stählernen Querstangen (Traversen), auf denen meist acht weiße Porzellanisolatoren angebracht waren. An diesen Isolatoren waren die Drähte der Fernsprechleitungen und die des Streckenblocks befestigt. Und da unsere Strecke eine wichtige Hauptstrecke war, trug jeder Holzmast vier Traversen und somit ein dickes Bündel von Drähten. Dieses Bündel von Drähten war schön anzusehen, wenn es sich, vom fahrenden Zug aus gesehen, immer auf und ab bewegte und die weißen Dampfwolken der Lok durch sie hindurch zogen. Beim ersten Unterwegshalt in Greven gab es auch einiges zu beobachten. Es stiegen nicht nur viele Fahrgäste zu, auch eine Bahnsteigkarre mit Koffern und Paketen stand bereit, die dann eilends in den Gepäckwagen hinter der Zuglok verladen wurden. Dann kam der Abfahrtspfiff des Zugführers, ein kleiner Ruck und schon hörte man, wie sich die Dampflok abmühte, den Zug wieder zu beschleunigen. Die Landschaft und die Telegrafendrähte zogen wieder am Abteilfenster vorbei. Zwischendurch kam der Schaffner zu unseren Sitzplätzen und ich durfte ihm die Fahrkarten zu Kontrolle überreichen, in die er sodann mit der Fahrkartenzange ein Loch hinein knipste. Der Halt im nächsten Bahnhof Sprakel war nur kurz und wenig später tauchte der Stadtrand von Münster mit seinen großen Kasernen-Lagerhäusern auf. Dann wusste man, die Fahrt ist bald zu Ende. Immer mehr Gleise konnte man links und rechts erkennen und in langsamer Fahrt rumpelten die Waggons über viele Weichen, bis der Zug an einem Bahnsteig des Münsteraner Hauptbahnhofs anhielt. Sofort wurden die Türen zum Bahnsteig hin geöffnet und alle Reisenden - wir natürlich auch - drängten auf den Bahnsteig und auf die Ausgangstreppen zu. Gerne wäre ich auf dem Bahnsteig geblieben und hätte mir die Dampflok aus der Nähe angesehen, aber leider war keine Zeit dafür und es begann der recht lange Weg in die Innenstadt von Münster. In den nächsten Stunden folgte eine wahre Odyssee durch die verschiedensten Kleidungs- und Textilabteilungen bekannter Kaufhäuser. Für mich war das ein sehr langweiliges Unterfangen. Aber es bestand ja noch auf dem Rückweg die Hoffnung, ein Geschäft in der Windhorststraße zu besuchen, welches aus zweiter Hand Modelleisenbahnen und deren Zubehör anbot. Denn schließlich wartete die heimische Märklin-Bahn auf dringende Erweiterung durch ein weiteres Teil. Das klappte aber nur, wenn noch genügend Zeit bis zur Rückfahrt vorhanden war. Oft war die Zeit knapp, so dass wir 'im Galopp' zum Bahnhof laufen mussten und gerade noch die letzte Tür des Zuges erreichen konnten. Der war dann meist rappelvoll und somit gab es nur noch Stehplätze bis Reckenfeld. Etwas müde und kaputt stiegen wir in Reckenfeld aus, holten die Fahrräder ab und machten uns auf den Heimweg. Einmal, so kann ich mich noch erinnern, war bis zur Abfahrt des Zuges nach Hause in Münster etwas Zeit. Einige Bahnsteige weiter schauten wir uns den Personenzug nach Osnabrück an, der nach der Elektrifizierung der "Rollbahn" jetzt mit einer neuen E10-Elektrolok bespannt war. Meine Mutter fragte den Lokführer, ob ihre Jungs einmal den Führerstand sehen dürften. Sie durften und das war für mich damals so toll, als hätte ich das Cockpit einer Weltraumrakete betreten dürfen. So war das damals, in den 60er Jahren." Der Güterverkehr in den "Wirtschafts-Wunderjahren" Die Münstersche Zeitung im Jahr 1974: "Auswechselung der Schienen und des Schotters am Reckenfelder Bahnhof auf der Strecke Rheine - Münster. Der Bahnsteig in Richtung Münster wurde neu gestaltet, er erhielt neuen Unterbau, und Eisenschwellen wurden durch Betonschwellen ersetzt". Drei Jahre später steht zu lesen: "[...] An der Bahnstrecke Emsdetten - Greven sollen Bahnübergänge verschwinden und diese Bahnübergänge sollen mit Relais-Stationen ausgerüstet werden. Sie sollen Lichtzeichen und Halbschranken erhalten. [...]" Wie der Schaltraum im Reckenfelder Bahnhofsgebäude aussah, zeigen diese Fotos von Hans-Jörg Siepert: Der Wirtschaftsaufschwung in der Nachkriegszeit erhöhte den Bedarf an Stahl weltweit ungemein und so gehörten die 2000-Tonnen-Erzzüge, die aus Selbstentladewagen (OOt-Wagen, später als Fad-Wagen bezeichnet) bestanden, zum alltäglichen Erscheinungsbild auf unserer Strecke. Wenn ein Erzfrachter im Hafen von Emden eintraf oder die Stahlindustrie große Mengen Eisenerz orderte (Erzlagerkapazität im Hafen Emden ca. 700.000 to.), fuhren die Erzzüge fast Tag und Nacht. Ungünstig und nicht besonders wirtschaftlich war aber, dass die Züge nur in einer Richtung mit Fracht unterwegs waren und in der Gegenrichtung nach Emden unbeladen verkehrten. Nach dem die Zug- und Stoßeinrichtungen der OOt-Wagen weiter verstärkt worden waren, ließen sich zwei Ganzzüge zu einem so genannten "Doppelpark" mit über 4000 Tonnen Gewicht koppeln. Für diese Doppelparks bestand die dienstliche Anweisung, die Durchfahrten auf allen Unterwegsbahnhöfen sicher zu stellen und diese Züge nicht aufzuhalten. Das Anfahren und auch das Bremsen solch langer und schwerer Züge erforderte viel Geschicklichkeit vom Lokführer. Imposant war die Vorbeifahrt eines solchen 4000 Tonnen-Erzzuges: vorn die zwei schwer arbeitenden 44er-Dampfloks, dahinter die vielen mürrisch schwer dahin rollenden Erzwagen. Diese Züge wurden im Eisenbahnerjargon auch "Braune Mauer" oder "Langer Heinrich" genannt. Nach der Elektrifizierung der Strecke übernahmen zwei E-Loks der Reihe 140 (E 40) die Beförderung der Erz-Doppelparks. Einen letzten Höhepunkt erlebten die Erzzüge Anfang der 1980er Jahre, als zu den Zügen aus vierachsigen Wagen auch Züge, die aus sechsachsigen Selbstentladewagen mit automatischer Kupplung bestanden, kamen. Für die Beförderung dieser Schwerlastzüge mit 5000 Tonnen Gewicht sorgten zwei E-Loks der Reihe 151, damals die stärkste Lok-Type der DB, die auch über eine automatische Kupplungsmöglichkeit verfügte. Die Krise in der Stahlindustrie in den 1980er Jahren ließ die Zahl der Transporte rapide sinken. Heute gehören die Erzzüge der Vergangenheit an und sind von den durch Reckenfeld führenden Gleisen verschwunden. Der Hafen von Emden hat sich inzwischen von einem reinen Massenguthafen zu einem Stückguthafen gewandelt, wo heute vorwiegend Forstprodukte und Kraftfahrzeuge umgeschlagen werden. Letztere werden auch zu einem nicht geringen Teil über die Schiene angeliefert oder abtransportiert. Momentaufnahmen im Reckenfelder Bahnhof von Hans-Jörg Siepert und Ludger Westerkamp Elektrifizierung Im September 1966 hatte der elektrische Fahrdraht, von Hamm und Wanne-Eickel kommend, Münster und dann Osnabrück erreicht. Aber das Ende der Dampflokzeit auf der Strecke Münster - Rheine rückte näher und so begannen im Sommer 1971 auch hier die Arbeiten für das Überspannen der Gleise mit einer elektrischen Fahrleitung. Im Bahnhof Reckenfeld wurde ein brachliegender Behelfsbahnsteig am Ausweichgleis 3 von Grund auf erneuert und sogar mit einer Bahnsteigbeleuchtung versehen. Dieser Behelfsbahnsteig wurde nötig, um bei Bauarbeiten auf der Strecke, wenn nur ein Gleis benutzbar war, weiterhin Personenzüge in alle Richtungen abfertigen zu können. Je nachdem welches Gleis gesperrt war, konnten die üblichen Bahnsteige in Richtung Greven oder Emsdetten nicht angefahren werden. Der Behelfsbahnsteig im Bahnhof Reckenfeld ist heute noch vorhanden, aber im Laufe der Jahrzehnte völlig mit Brombeer-Gebüsch überwachsen. Danach erfolgte das Aufstellen der Fahrleitungsmasten. Auf der freien Strecke wurden Betonmasten eingebaut und in den Bahnhofsbereichen Gittermasten aus Stahlprofilen. Gleichzeitig wurden die Fernmelde- und Blockleitungen, die bislang als oberirdische "Telegrafendrähte" die Streckengleise säumten, mit neuen Erdkabeln in Beton-Kabelkanälen untergebracht. Noch Wochen nach der Aufnahme des elektrischen Betriebes türmten sich die nun nicht mehr benötigten Telegrafenmast-Traversen im Bahnhof Reckenfeld auf den Freiflächen der ehemaligen Gleise 4 und 5 zu wahren Bergen auf und warteten auf den Abtransport in die Schrottverwertung. Nach dem die elektrische Fahrleitung installiert und gespannt war, erfolgten noch die notwendigen Prüfungen, bevor die Spannung von 15.000 Volt eingeschaltet werden konnte. Bereits ab dem 28. Mai 1972 konnten schon die Güterzüge mit einer E-Lok bespannt werden, da der Fahrdraht bis zum Rangierbahnhof in Rheine reichte. Gleisanschlüsse im Bahnhof Reckenfeld Nach dem Ende der 1920er Jahre, als die Schrottverwertung der Eisenhandels-Gesellschaft-Ost endete, wurde auch das Anschlußgleis in das ehemalige Munitionsdepot entfernt. Güterkunden hatten in Reckenfeld nur noch die Möglichkeit, ihre Waren direkt am Bahnhof vom oder in die Eisenbahnwagen zu laden. In der Zeit von 1930 bis 1970 gab es kein einziges Anschlußgleis, welches vom Bahnhof Reckenfeld abzweigte. Ab Ende der 1960er Jahre änderte sich dieses. Procter & Gamble, heute Luhns
Das Nachfolgeunternehmen Luhns wickelte nur wenig Verkehr über die Schiene ab, so dass der Gleisanschluß schon seit über 10 Jahren still liegt. Die Weiden- und Birkenbäume im Gleisbereich haben über die Jahre schon eine stattliche Größe erreicht und der große Werksbahnhof ist jetzt in einem Wald verschwunden. Fiege-Logistik Der jüngste Gleisanschluß im Bahnhof Reckenfeld ist der zur Firma Fiege-Logistik, er wurde Anfang der 1990er Jahre angelegt. Hier sollte einmal eine Flotte von "Cargo-Sprintern", eine Art "Schienen-Lkw" des Herstellers Windhoff aus Rheine, zu Kunden in ganz Europa starten. Aus diesem innovativen Projekt wurde leider nichts. Auch dieser Anschluß ist heute still gelegt und mit Buschwerk überwachsen. Hier rollte wohl nie auch nur ein Güterwagen. Billermann Der Gleisanschluß zu einer Lagerhalle der Firma Billermann am Eichendorffweg in Reckenfeld wurde Ende der 1960er Jahre errichtet. Das Anschlußgleis zweigt am nördlichen Ende des Bahnhofs Reckenfeld ab und führt in einem Bogen an den Ortsrand, die Streckenlänge beträgt ca. 1500 Meter. Einstmals führte das Gleis durch ein Waldstück und an Wiesen und Feldern vorbei. Der Neubau des Post-Briefzentrums hat hier eine erhebliche Veränderung des Umfeldes bewirkt. Auf halber Strecke befindet sich ein Ausweichgleis zum Umsetzen der Rangierlok. Die Lagerhalle der Firma Billermann wurde lange Zeit bis 2004 von der Firma Compo aus Münster genutzt. Bis Anfang der 1990er Jahre wurde dieses Gleis noch regelmäßig befahren. Obwohl noch in jüngerer Zeit eine Lkw-Zufahrt und eine große Laderampe aus Beton gebaut wurden, ist das Gleis jetzt still gelegt und wächst allmählich zu. Jockenhöfer Die Firma Jockenhöfer in Reckenfeld nutzte das Billermann-Anschlußgleis von Mitte der 1980er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre mit. In der Nähe des Eichendorffwegs wurde für das Anschlußgleis eine Verladestelle und etwas später sogar eine Halle darüber errichtet. Eine werkseigene Diesellok vom DB-Typ "Köf 2" sorgte für den Verschub der Güterwagen. Nachdem die Lok einen Motorschaden erlitten hatte und nicht mehr instand gesetzt wurde, endete die Be- und Entladung von Güterwagen. Neue Stellwerkstechnik Im Sommer 1978 kündigte sich erneut eine technische Veränderung auf unserer Bahnstrecke an. Der mechanischen Stellwerkstechnik des Bf. Reckenfeld, die seit 1918 nahezu unverändert im Einsatz war, stand jetzt die Ablösung durch ein modernes "Drucktasten-Spurplanstellwerk" in Greven bevor. Sichtbare Zeichen waren das Aufstellen der neuen Tageslicht-Signale, die noch mit einem weißen Kreuz als ungültig gekennzeichnet waren, sowie die Montage der neuen elektrischen Weichenantriebe. Im Bahnhof Reckenfeld wurde eine neue Weichenverbindung zwischen den beiden Durchfahrtsgleisen südlich der Walgenbachbrücke angelegt. Somit konnte der Planungsmangel aus dem Jahre 1917 beseitigt werden, welcher es immer wieder erforderlich machte, bei Gleisbauarbeiten auf der Strecke den Behelfsbahnsteig am Ausweichgleis 3 zu nutzen. In der Nacht vom 11. auf den 12. November 1978 war es so weit, die neue Stellwerktechnik nahm den Betrieb auf. Noch in der Nacht wurden die nun überflüssigen Formsignale abgebaut und alle anderen Umbauarbeiten ausgeführt. In den darauf folgenden Tagen wurden die alten mechanischen Stellwerksteile in den Bahn-Gebäuden entfernt und der Verschrottung zugeführt. Das Stellwerksgebäude "Rn" hatte noch eine Gnadenfrist als Schrankenposten, bevor es 1979 abgerissen wurde. Erhaltung von Stellwerksteilen Durch einen glücklichen Umstand konnte der Autor im November 1978 bei dem Ausbau der mechanischen Stellwerkseinrichtungen des Bahnhofs Reckenfeld zwei alte Stellwerkshebel und viele der kleinen Emailleschilder der übrigen Stellhebel und Blockeinrichtungen des Fahrdienstleiter- und des Wärterstellwerks Rn vor der Verschrottung retten. Wie es sich später zeigte, war es Dank dieser kleinen Schilder möglich, den Ausbauzustand (1918) des damaligen Bahnhofs Hembergen genau zu bestimmen. Die Signalmeistereihandwerker der Reichsbahn und später der Bundesbahn hatten, als sich im Laufe der Jahrzehnte die Bezeichnung der Weichen und Signale änderten, die Emailleschilder der Stellhebel usw. einfach übermalt und neu beschriftet (teilweise bis zu drei Farbschichten übereinander). Unter den Farbschichten kamen die Bezeichnungen der KPEV zum Vorschein, so dass diese kleinen Emailleschildchen wohl die ältesten originalen Museumsstücke aus der Reckenfelder Munitionsdepotzeit sind. Wegfall der beschrankten Bahnübergänge Bei der Umstellung auf die moderne Stellwerkstechnik wurde auch die Anzahl der beschrankten Bahnübergänge deutlich verringert. So gab es bis 1978 insgesamt 18 Bahnübergänge (Bü) mit handbedienten Schrankenanlagen im Bereich von Greven und Reckenfeld, wovon heute (2005) noch 5 Bü existieren, deren Anlagen zentral oder direkt vom Zug gesteuert werden. Besonders beim Stellwerks- und Schrankenwärterpersonal wird der technische Wandel sichtbar. Waren bis 1978 noch insgesamt 24 Eisenbahner in diesem Bereich tätig, waren es in den 1990er Jahren nur noch 3 Fahrdienstleiter im neuen Stellwerk von Greven. Heute, seit Sommer 2005, ist auch das neue Stellwerk verwaist und alle Funktionen werden vom Zentral-Stellwerk in Münster ferngesteuert. Binnen weniger Jahre (1971 bis 1979) war aus einer Bahnlinie, die sich noch im Zustand der Preußischen Staatsbahn und Deutschen Reichsbahn befand, eine modern ausgestattete und weitgehend ferngesteuerte Bahnstrecke geworden. Der Eisenbahnhistoriker Jürgen-U. Ebel hierzu: "Wir Eisenbahnfreunde, die wir in den 1960/70er Jahren loszogen, um die letzten DB-Dampfloks auf den Film zu bannen, haben versäumt, auch die Gebäude und Bahnanlagen bildlich zu dokumentieren. Wir wollten nur die heile Eisenbahnwelt abbilden und haben die damals beginnenden Veränderungen nicht wahr haben wollen und sie einfach ausgeblendet. Einen derartigen tief greifenden Verlust von Eisenbahngebäuden und Infrastruktur, so wie er heute eingetreten ist, konnte man sich damals überhaupt nicht vorstellen. Der Abriß von solchen Dingen geht auch heute noch, besonders in den neuen Bundesländern, munter weiter, erst recht, wenn diese Anlagen von Wettbewerbern der Deutschen Bahn AG genutzt werden könnten." Erhalten geblieben sind u.a. Schmalfilme aus den 1950/1960er Jahren. Daraus einige Bilder: hier! Schließung und Abriß des Reckenfelder Bahnhofsgebäudes Über die Schließung des Bahnhofsgebäudes schrieb im April 1988 Ludger Westerkamp einen Artikel. Nachdem das Bahnhofsgebäude im November 1978 seine Aufgabe als Fahrdienstleiterstellwerk verloren hatte, konnten hier jetzt DB-Mitarbeiter eingesetzt werden, die "nur" eine Ausbildung in der Bedienung der Schrankenanlagen und im Fahrkartenverkauf hatten. Es war aber nur noch eine Frage der Zeit, wann die Schranken für die Bahnhofstraße, von Greven aus ferngesteuert und die Fahrkartenausgabe geschlossen würde. Am 1. September 1987 war es soweit: Ein Aushang an der Eingangstür des Gebäudes verwies die Käufer von Fahrkarten an die "Reiseagentur Hans Kirchner" in die Reckenfelder Ortsmitte. Ein DB-Mitarbeiter bediente zu dieser Zeit noch vor Ort die Schranken, aber zum 1. Dezember 1987 gingen hier die neuen Schrankenanlagen in Betrieb und das Gebäude stand von diesem Zeitpunkt an leer und blickte einer ungewissen Zukunft entgegen. An Ideen und Interessenten für das Anfang der 1960er Jahre als Ersatz für das kriegsbeschädigte Vorgängergebäude errichtete Bahnhofsgebäude fehlte es nicht, aber die Deutsche Bundesbahn schreckte mit einer Preisforderung von ca. 140.000 DM mögliche Käufer ab. In jenen Jahren war die Bundesbahn darauf aus, nicht mehr benötigte Bahngebäude schnell abzureißen und zu beseitigen. Es soll sogar vorgekommen sein, dass wenn für die DB erkennbar wurde, dass ein Bahngebäude unter Denkmalschutz gestellt werden sollte, noch in der Nacht vor dem Inkrafttreten der Unterschutzstellung die Abrißkolonnen anrückten, um das Objekt - z.B. Wassertürme von Bahnbetriebswerken - niederzureißen. Viele erhaltungswürdige Verkehrsbauten sind so unwiederbringlich verschwunden. Am 11. August 1993 war auch das Reckenfelder Bahnhofsgebäude an der Reihe. Innerhalb von zwei Tagen war das Grundstück abgeräumt, lediglich der Güterschuppen überlebte noch für einige Monate, bevor auch er dem Bagger zum Opfer fiel. Heute befinden sich an dieser Stelle ein großer überdachter Fahrradständer und daneben ein großer Pkw-Parkplatz. Personenverkehr (2007) Der hochwertige Reisezugverkehr, der sich einstmals D-Zug, dann "DC", dann "Interregio" und jetzt "Intercity" nennt, bedient weiterhin die Relation Luxemburg - Rheinland/Ruhrgebiet - Norddeich und hat zur Zeit einen Umfang von sieben Zugpaaren erreicht. Die Eil- und Nahverkehrszüge vergangener Jahre nennen sich jetzt "Regional-Express" und "Regional-Bahn". Hier ist eine deutliche Verbesserung des Zugangebots zu verzeichnen. Im Jahresfahrplan 2005 verkehrten 27 Regionalbahnen und 29 Regional-Expresszüge in beiden Richtungen, wo von aber nur die Regionalbahnen in Reckenfeld halten! In den Hauptverkehrszeiten wird zwischen Münster und Rheine ein dichter Zugverkehr abgewickelt, der schon bald an die Standards der S-Bahnen in Ballungsräumen heranreicht. Die Eisenbahn-Betriebsstelle "Bahnhof Reckenfeld" wird auch heute noch als Ausweichstelle für Güterzüge benutzt. Bahngebäude sind nicht mehr vorhanden, sieht man einmal von dem großen Fahrradständer und den Wartehäuschen ab. Zeitungsberichte mit unterschiedlichen Themen, hier!
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