Herr Zapka - Mitglied der Wirtschaftlichen Vereinigung - trifft 1927/1928 Franz Sperling (Anmerkung: Vater von Günther Sperling) und sagt zu ihm: "Wo gibt es in Reckenfeld einen Elektroladen? Bei mir sind nämlich alle elektrischen Birnen kaputt. Ich habe alle ausprobiert. Vielleicht ein Kurzschluß im Haus?"
Franz Sperling: "Wagenroth in A, das ist so ein Laden. Aber was wollen Sie denn dort? Sehen Sie sich doch mal Ihren Stromanschluß außen am Haus an, da ist nichts, aber auch gar nichts. Wir, in D, haben doch noch gar keinen Strom!"
In C hatte der Schreiner Haverkamp lange Zeit keinen Stromanschluß, weil er sich geweigert hatte, auf seinem Grundstück einen Leitungsmast zu dulden. Die Masten für den Strom zu den Nachbarn wurden um das Haverkampsche Grundstück herumgeführt. Dieses hätten sich die Reckenfelder zum Gelächter vieler des öfteren angesehen. Das war zu einer Zeit, als Sperlings schon einige Jahre in Reckenfeld wohnten.
In den Schuppen lagen überall Reste der Munition herum, so auch Schwarzpulverplättchen. Franz Sperling verbot seinem Sohn, sich die Schwarzpulverplättchen auch nur anzusehen, geschweige denn anzufassen. Doch was verboten ist, das wird erst recht gemacht. So sammelte Sohn Günther gefundene Plättchen zunächst in der Hosentasche. Aber wohin damit? Da im Sommer Papier, was übrig war, in die Kohlenöfen gesteckt wurde, steckte der Sohnemann seine Plättchen auch hinein.
Die Herren Haverkamp in C und Dilla an der Bahnhofstraße müssen sich nicht gut verstanden haben. (U.a. Streit um die neu zu bauende Schule - kath./evang.- ). Deshalb gaben sie ihren Hunden den Namen des jeweilig anderen: Der Hund von Dilla hieß Haverkamp und der Hund von Haverkamp hieß Dilla. Da konnte man so richtig auf den anderen schimpfen [...]
Franz Sperling trifft sich - etwa 1927/28 - mit Anton Merschkötter, und sie gehen ins Deutsche Haus um Bier zu trinken. Anschließend begeben sie sich nach A zum Haus von Merschkötter und trinken dort noch etwas. Franz Sperling verläßt das Haus und wundert sich, daß er mehrere Male über einen Zaun steigen muß. Denkt er: "Das ist doch bei uns nicht so in D!" Und was hinzukommt, es ist stockdunkel. Tags darauf geht Sperling - übrigens pensionierter Steiger - zurück zu Merschkötters, um sich die Lage noch einmal anzusehen. Und er sah es: Der Weg vor dem Haus - so wie in D - war nicht mehr, denn die Nachbarn hatten sich um ihr Grundstück einen Zaun gemacht. Wäre er durch den Garten gegangen, wäre er auf den Weg (Schillerstraße) gelangt, und es wäre ihm erspart geblieben, über Zäune steigen zu müssen. Fazit daraus: Zu dieser Zeit bereits war der Weg (früherer Schienenstrang vor dem Schuppen) nicht mehr vorhanden!
Wir hatten in D - im nahen Umkreis - immer gutes Wasser. Wenn in heißen Sommern das Wasser knapp wurde und zum Teil die Brunnen versiegten, holten sich die Menschen ihr Wasser von Beckermann. Die Katholischen mußten nichts bezahlen, die Evangelen jedoch 25 Pfennig.
Menselowski hatte sein Pferd mit in den Schuppen genommen. Er konnte es vom Flur aus füttern.
Herr Merchel hatte ein Baugeschäft, Frau Merchel ein Lebensmittelgeschäft. Beim Königsschießen in der 'Sandkuhle' im Block D schoß der Schwager von Herrn Merchel den Vogel ab. Da er aber nicht König werden wollte (oder sollte), mußte er ein Faß Bier stiften, der Vogel wurde wieder aufgesetzt und das Königsschießen ging von vorne los.
Rektor Hommel war ein guter Mensch. Als 'reicher' Mann kam er nach Reckenfeld, als 'armer' Mann ging er wieder. Hommel stellte Gutscheine für Arme aus. Egal ob es katholische oder evangelische Reckenfelder waren. (Anmerkung: Das wundert mich, daß das zu dieser Zeit schon Praxis war!) Diese Gutscheine konnten sie bei Frau Fischer (Lebensmittelladen) einlösen. Aber für Alkohol waren die Gutscheine nicht gedacht [...]
Hommel hatte Hühner. Er wohnte an der Industriestraße im Pastoratshaus, einiges vom Haus Schulz entfernt, allerdings vor dem Haus, wo später Dr. Schute mit seiner Familie wohnte. (Diese 'Schute'-Baracke steht heute - 2005 - noch dort.) Hommel hielt Hühner dort. Eines Nachts waren sie verschwunden. Auf einem Schild stand geschrieben: "Bist du Gottesdiener, brauchst du keine Hühner".
Das 'Immsche' Grundstück war mit einem Zaun und Betonpfählen umzäunt. Eine große Obstplantage war dort. Edmund Richter und andere stiegen über den Zaun, um Äpfel zu klauen. Gendarm Rostek (wahrscheinlich von Imm benachrichtigt) stand parat. Alle Kinder hauten ab, nur E.R. - der von den Jungs der schnellste war - verkroch sich in einem Rohr. Rostek wartete und dann hatte er ihn am Schlafittchen.
Lenchen Laude zog durch Reckenfeld. Mit einem Kinderwagengestell, darauf einen Persilkarton, darin waren Süßwaren, Knöpfe und sonstiger Kleinkram. Diesen Kleinkram wollte sie verkaufen. Ein paar Pfennige blieben ihr nur übrig, das andere klauten die anderen Kinder. Zu Essen bekam sie von Reckenfeldern, die Mitleid mit ihr hatten. Am Leibe hatte Lenchen nur Lumpen, und sie mußte das Gespött vieler Kinder über sich ergehen lassen. Gewohnt hat Lenchen Laude in D.
Optant August Richter (50 J.) suchte im Lager Schneidemühl nach weiteren Familien, die mit nach "Hembergen" ausreisen wollten. Einige kamen mit. Andere sagten, wir warten noch. Schreib uns, wie es da ist. Und Richter schrieb ihnen: "Das ist kein Reckenfeld, das ist hier Schreckenfeld."
Auf unserem Grundstück (Familie Bilke, im Block B, Schuppen 18) verlief die Grenze zwischen den Kreisen Münster-Land mit Greven l.d.E., und Steinfurt mit Nordwalde. Das Haus stand auf dem Grevener Gebiet, auf dem Teil, der zu Nordwalde gehörte, hatte Vater Bilke das Plumsklo gebaut. Und die Bewohner im Block B sagten: ‚Die Bilkes essen in Reckenfeld und schieten tun sie in Nordwalde.'
Auch das gehörte in diese Zeit
"Ich, der erwerbslose K. H., erkläre heute (18.9.1932) an Eides statt: ‚Ich habe in den letzten drei Monaten im Auftrag des H. H. aus den Schuppen C 45 und B 45 ca. 3.000 Steine gebrochen. Die Steine sind teils durch mich, teilweise durch H., weggeschafft worden. Ich habe auch gesehen, daß von anderen Personen Steine aus verschiedenen Schuppen ausgebrochen wurden, u.a. auch aus D 25. Der Siedler S. hat Steine der Laderampe aus C 86 abgebrochen und fortgeschafft. H. erklärte, er hätte die Steine von Wilde (EHG) auf Gegenrechnung gekauft."
Der Postbote (Name weiß ich nicht mehr) für den Block D (Zeitpunkt wahrscheinlich während der "Polenzeit") kam immer am Nachmittag und brachte die Post. An einem Morgen radelte er nach D zu einer Familie mit einer Postkarte winkend in der Hand. "Deine Schwester kommt zu Besuch, ihr müßt zum Bahnhof, ihr sollt sie abholen!" Der Postbote hatte die Karte gelesen und machte sich sofort auf den Weg. Postgeheimnis? Quatsch! Die Nachricht war doch wichtig!
Sperlings, Reinerts und Schreibers hatten einen schönen Garten, auch viel Gemüse war darinnen. Ein Kind (wer?) ging des öfteren zu diesen Familien und wollte Gemüse für ihre Mutter haben. Sagt Franz Sperling: "Sag deiner Mutter, sie hat auch einen Garten, sie soll doch auch Gemüse anpflanzen, dann habt ihr auch was." Darauf das Kind: "Meine Mutter hat gesagt, bei armen Leuten wächst nichts!"
Die Polizisten Herold und Mausolf standen 1947 auf dem Dorfplatz. Franz Sperling kam mit dem Fahrrad von Patten und hatten einen Sack mit Inhalt auf dem Fahrrad. Frage von den Polizisten: "Was haben Sie darin?" "Eine Badewanne!" "Kann nicht sein." Gefühlt: der Gegenstand war hart, aber was war es wirklich? "Bitte den Sack aufmachen." Und zum Vorschein kam eine Badewanne, die für den Enkel Jürgen, der gerade geboren war.
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