Elektrische Anlagen

Allgemeines

Zu den kostenintensivsten Investitionen für den Bau des Depots gehörten zweifelsfrei die elektrischen Anlagen. Im Endausbau sollten sämtliche Schuppen und alle Hochbauten sowie sonstige Einrichtungen an das Stromnetz angeschlossen werden. Wahrscheinlich wurde auch geplant, Lampen an den Postenwegen rund um die vier Depots und am Abstellbahnhof aufzustellen, damit eine bessere Bewachung des hochbrisanten Objektes gewährleistet werden konnte. Wie weit die elektrischen Anlagen bis zur Einstellung der Arbeiten im Depot durchgeführt wurden, wird hier eingehend behandelt.

Kosten

"Im Militärhaushaltsetat wurden 1917 für Elektroarbeiten im Depot 713.406,50 Mark budgetiert. Die Arbeiten für die Installation wurden 1918 vor Fertigstellung eingestellt. Die Abrechung der eingestellten Arbeiten ist (1919) noch nicht durchgeführt."

Bau der Hochspannungsleitungen

Allgemeines

Für den Bau und Betrieb eines Depots solchen Ausmaßes war Energie als Hoch- und Niederspannung (Anmerkung: Hochspannung = Elektrische Spannung über 1.000 Volt -1kV- erforderte besondere Maßnahmen hinsichtlich der Isolation und des Schutzes gegen Berührung) unerläßlich. Deshalb wurde bereits für die Bauphase ein behelfsmäßiger Transformator in einer Baracke im Verwaltungsbezirk aufgestellt, von dem die Baustellen, soweit diese Strom benötigten, mit Niederspannung durch Freileitungen versorgt werden konnten. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde dieser Trafo im Betriebsgebäude installiert und versorgte von dort das Depot mit elektrischer Energie. Diesbezüglich teilte das Waffen und Munitions-Beschaffungsamt (Wumba) in Berlin am 22. Januar 1917 dem Militär-Neubauamt in Münster mit, "[...] für die Lieferung von elektrischer Energie während des Baues stellt E.W. Westfalen einen behelfsmäßigen Trafo gegen Berechnung einer Leihgebühr auf."

Freileitung

Zu Beginn des Jahres 1917 begannen die ersten Aktivitäten durch das Waffen und Munitions-Beschaffungsamt in Berlin, das mit Schreiben vom 22. Januar 1917 dem Militär-Neubauamt in Münster mitteilt, "[...] der Vertrag mit dem Elektrizitätswerk Westfalen (E.W.W.) AG über Stromlieferung liegt z.Z. bei der Firma zur Unterschrift. Nachdem er vollzogen sein wird, wird der stellvertretenden Intendantur VII. Armeekorps eine Ausfertigung des Vertrages zugesandt." Der Vertrag besagte folgendes: "Das Elektrische Werk Westfalen ist verpflichtet, auf seine Kosten die Hochspannung bis zu der Haupttransformatorenstation zu legen, deren örtliche Lage von der Neubauleitung anzugeben ist. Die Transformatorenstation selbst wird von hier aus beschafft werden." (Anmerkung: Die Zeche Baldur lieferte Energie u.a. für die Kreise [...] und für einen Teil des Kreises Münster. [...] Außerdem lieferten die Zechen Hermann und Westfalen Energie, die jedoch ihre Lieferungen eingeschränkt hatten).

Freileitungen

Schon nach wenigen Tagen, nach dem der Vertrag unterschrieben war, teilte das Elektrizitätswerk Westfalen AG, Bochum, der Garnisonsverwaltung in Münster den Termin für die Installation der Starkstromleitung mit, es nannte noch einmal seine Bedingungen: "Wir nehmen Bezug auf die mehrfachen Besprechungen wegen der Gefangenen, welche uns für den Neubau der Strecke zur Verfügung gestellt werden. Wir bitten sie damit zu rechnen, daß wir die Gefangenen in der Zeit vom 7.-12. Februar 1917 zur Verfügung haben müssen."

Im April 1917 wurde vom Bezirksamt Münster, eine Unterstelle des Elektrizitätswerkes Westfalen AG, Bochum, der Militärverwaltung mitgeteilt, daß die 10.000-Volt-Freileitung (Anmerkung: Sie wurde als Freileitung an Holzmasten bis zum Verwaltungsbezirk installiert) für das Depot in Arbeit ist, und: "[...] die Leitungslinie der Hochspannungsleitung zu der Transformatorenstation ist auf dem Weg auf der einen Seite ein 2,5 Meter breiten Streifen vom Holzbestand frei zu halten. Die Abholzung haben wir durch die zur Verfügung gestellten Gefangenen in Angriff genommen."

Nur, wo hatte die Hochspannungsleitung die zum Depot führte, ihren Anfang. Woher kam die Hochspannung? Aus Emsdetten oder aus Greven?

Lange Zeit blieb die eindeutige Antwort auf diese Frage aus. In anderen Veröffentlichungen über das Depot wurde sogar u.a. von einer 100.000-Volt-Leitung berichtet, und die aus Rheine gekommen sein soll. Doch das ist falsch, und Hinweise auf Quellen wurden nicht genannt.

Deshalb war eine gründlichere Recherche im Stadtarchiv Greven angebracht, die zu folgenden Ergebnissen führte

Der entscheidende Hinweis kam aber aus dem Stadtarchiv Rheine

Erdkabel

Wie der Starkstrom im Depot weitergeleitet wurde und abzurechnen war, teilte das Wumba ebenfalls mit: "Die Verlegung der Hochspannungsleitungen von der Haupttrafostation zu den einzelnen Unterstationen in den Gruppen geht auf Kosten der Heeresverwaltung. Die Beschaffung dieser Zuleitungen geschieht ebenfalls von hier. [...] Nach Errichtung des Depots zahlt die Heeresverwaltung einen Strompreis von 10 Pf. für die KW/h. Da bei dem behelfsmäßig aufzustellenden Trafo ein Hochspannungszähler noch nicht eingebaut werden kann (Anmerkung: Durch fehlenden Meßwandler), ist zu empfehlen, den für die Neubauleitung selbst gebrauchten Strom mit einem von E.W. Westfalen aufzustellenden Niederspannungszähler zu messen und für den auf diese Weise festzustellenden Strombedarf einen etwas höheren Preis zu erzielen. An einer anderen Stelle ist dasselbe Verfahren eingeleitet. Die Heeresverwaltung zahlt dort für den durch Niederspannungszähler gemessenen Strom während der Bauzeit 12 Pf." (Anmerkung: 1917 begann ein intensiver Ausbau des Hochspannungsnetzes im Münsterland)

Von dem Trafo im Verwaltungsbezirk wurde der Starkstrom mit Erdkabeln den drei Trafos in den Depots A, C und D zugeführt (Anmerkung: Noch während der Bauphase erhielt Landwirt Leihsing einen Stromanschluß für seinen Betrieb vom Transformator des Depots. Das Militär-Neubauamt schloß mit Leihsing einen Vertrag ab).

Ein Zeitzeuge

"Anlässlich der Hochzeit meiner Mutter im Mai 1919, da hätte sie alle Lampen im Haus und anderswo angemacht, weil sie nun Strom hatten!"

Leihsing brauchten den Strom u.a. für die Säge, Mühle usw.

Das Kabel zum Depot B wurde nicht mehr verlegt.

Es könnte sein, daß die Erdkabel, so wie in der Zeichnung "Freileitungen und Erdkabel im Depot" aufgeführt, so! gelegt worden sind.

Die Zeichnung hier als [PDF-Datei]

Der Verlauf der Erdkabel zu den Schuppen: Die Erdkabel lagen an der Rückseite der Schuppen einer jeden Trasse in einem Kabelkanal, zweigten zu den Schuppen ab, und liefen an der Schuppenwand hoch in die Schuppen hinein zum Sicherungskasten. Dort am Sicherungskasten angeklemmt, nahm das Kabel denselben Weg zurück: Hinaus aus den Schuppen, wieder in den Kabelgraben zum nächsten Schuppen (Anmerkung: Als Ringleitung ausgeführt: leichtere Handhabung, bei Störungen in einem Kabelabschnitt).

Ein Zeitzeuge:

"Mein Vater hat mir erzählt, daß er während seiner Arbeitslosigkeit um etwa 1928 auf dem Gelände des Schuppens D2 Elektrokabel aus dem Graben (Kabelkanal) herausgeholt und mit den herumliegenden Schwellen in Greven verkauft hat. Das war viel Geld für ihn. Ob auch Schienen verkauft wurden, weiß ich nicht mehr."

Durch diese Art der Verlegung der Erdkabel wurde zwar mehr Material benötigt, jedoch entfiel das aufwendigere Anbringen der Muffen. Denn es ist davon auszugehen, daß in den Kabelgräben trotz Abdeckung Wasser eindrang, sowohl von oben als auch von unten.

Bau der Niederspannungsleitungen

Allgemeines

Die Möglichkeit, Niederspannung über Freileitungen als auch über Erdkabel weiterzuleiten, wurde genutzt. So entschied das Militär im Verwaltungstrakt, also in dem Bereich, wo die größere Anzahl Hochbauten und sonstiger Einrichtungen gebaut wurden, über Freileitungen den Strom zu transportieren. In den Bereichen, in denen Munitionsschuppen entstehen sollten, also in allen vier Depots, wurde der Strom per Erdkabel weitergeleitet. Erdkabel waren zwar teurer als Freileitungen, doch die Sicherheit hatte Vorrang vor den Kosten. Wichtigster Grund: Gegen Blitzschlag waren die Munitionsschuppen durch Erdkabel besser geschützt. Und Freileitungen wären zudem bei den niedrigeren Schuppenbauten als solche vom Feind besser zu erkennen gewesen.

Freileitungen

Das Waffen und Munitions-Beschaffungsamt in Berlin teilte am 22. Januar 1917 dem Militär-Neubauamt in Münster mit, daß "[...] für die Verlegung von Niederspannungsfreileitungen (Anmerkung: Als Material wird Kupfer genommen worden sein) von dem Behelfs-Trafo zu den einzelnen Baustellen haben die einzelnen Unternehmer selbst zu sorgen."

Die Baustellen benötigten den Strom hauptsächlichst für den Betrieb von Pumpen, für Scheinwerfer, Lampen und für Maschinen. Freileitungen wurden im Verwaltungsbezirk zu den Hochbauten und sonstigen Einrichtungen auch noch zum Gefangenen-Arbeitslager sowie zum Baubüro in der Depotmitte geführt (Anmerkung: An das Stromnetz wurden jedoch nur einige dieser Bauten angeschlossen.

Erdkabel

Auskunft, wie viel der insgesamt benötigten Erdkabel für die Stromversorgung der Schuppen und der Verwaltungsgebäude A/C und D gelegt wurden, gibt eine Tabelle ‚Erdkabel'.

Die Tabelle hier als [PDF-Datei]

Aus Aluminium waren sowohl die 10-kV- als auch die Niederspannungskabel, Kupfer wäre zu teuer gewesen, und Kupfer wurde außerdem zu anderen Kriegszwecken benötigt.

"Noch vor Abschluß der Arbeiten im Depot wurde niedergespannter Strom mittels Kabel dem Doppelverwaltungsgebäude A/C und dem Verwaltungsgebäude D aus den jeweiligen Gruppentransformatoren C und D zugeführt" (Anmerkung: Dagegen spricht allerdings, daß die vier Transformatoren noch 1923 in einem der Verwaltungsgebäude - teils noch verpackt - lagerten und an anderer Stelle steht geschrieben, daß in dem Verwaltungsgebäude D die Stromanlage fehlt), heißt es bei der Depot-Bestandsaufnahme im November 1919.

In den Depots lagen nach einer Aufstellung 13.200m Kabel (Anmerkung: Die Kabel waren aus Aluminium, wahrscheinlich Typen NEKBA/NKBA) in Gräben, die mit 66.000 Stück Abdeckziegeln (Anmerkung: Das Abdecken war Vorschrift gegen mechanische Beschädigungen. Abdeckziegel waren kein Schutz, sondern nur Markierung. Die Kabelgräben wären nach Abschluß der Arbeiten sicherlich geschlossen worden) - das sind 5 Ziegel pro Meter Kabel - bedeckt waren. Die Kabelgräben dürften eine Tiefe von 60-80cm (Anmerkung: Frost ohne negative Wirkung) gehabt haben.

Nach einer weiteren Aufstellung lagen außerdem noch 30 Trommeln mit Aluminiumkabeln in den Depots (Anmerkung: Auf einer Trommel werden ca. 150m Kabel gewesen sein).

Elektrische Anlagen in den Schuppen

Nach einer Bestandsaufnahme im November 1919 wurde festgestellt: "Die Schuppen haben noch keine elektrische Beleuchtung."

Es kann davon ausgegangen werden, daß in einem Schuppen installiert waren:

Das wären bei den 208 Schuppen insgesamt 640 Lampen gewesen. Das Kriegsministerium hatte mit dem Erlaß vom 2. November bestimmt: "Für genügend große Blendschirme (Anmerkung: Andere Bezeichnung: Blechschirme) gegen den Himmel ist Bedacht zu nehmen." In den Schuppen sah die Installation wie folgt aus: Die isolierten Aderleitungen befanden sich in Stahlrohren, da es sich um einen explosivgefährdeten Bereich handelte. Es durften keine Funken entstehen. Das hätte möglicherweise zu einer Katastrophe - Explosion der Munition - geführt. Die Außenlampen waren unter dem Dachvorsprung angebracht. (Anmerkung: Auszug aus Interview mit Horst Firtzlaff: ‚Eine Lampe ist auch unter dem Regendach angebracht gewesen.')

Neben jedem Eingang zum Schuppen waren außen zwei Schalter angebracht: einer für die Lampen innen und einer für außen. Die Lampen außen waren unter dem Dachvorsprung installiert. Die Lampen innen waren in sogenannten Beleuchtungsnischen untergebracht. Für jedes Schuppentor war eine Handlampe (Sicherheitslampe) vorgesehen. Wahrscheinlich für den Notfall bzw. wenn der Strom ausfiel. Die Handlampen wurden nicht mehr alle auf die Schuppen verteilt; nach Kriegsende lagerten 257 Handlampen in einem der Verwaltungsgebäude (Anmerkung: Es könnte sich hierbei um Batterieleuchten gehandelt haben. Andere, wie Carbid-, Acetylen- oder Benzollampen, kamen bei der Gefahrenlage wohl kaum in Betracht).


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