Milch 'vom Händler Lenfort' gab es zunächst nur vom Hof Lenfort in Westerode für die Reckenfelder, nur, die Milch mußte vom Hof abgeholt werden. Das war zu Beginn der 1930er Jahre. Jahre danach konnte die Milch von Lenfort auch in Reckenfeld gekauft werden, weil sie 'vor Ort' angeboten wurde.
Zunächst kam Lenfort mit dem Fahrrad nach Reckenfeld: Aus den Kannen, die an der Leeze hingen, konnte Milch gekauft werden. Ab 1935 wurde die Milch dann mit dem Auto (Tempo) in Reckenfeld angeliefert. Straße für Straße wurde abgefahren und die Milch lautstark angeboten. (Anmerkung: dieses Auto wurde in der Kriegszeit beschlagnahmt.)
Ab wann genau die Milch von der Molkerei von Lenfort und nicht mehr vom Hof zum Verkauf bezogen wurde, ist zeitlich nicht mehr zu benennen.
Im Jahre 1940 wird August Lenfort noch in Westerode Nr. 85 als Milchhändler geführt, "[...] doch während der Zeit des Zweiten Weltkrieges hat Schlick die Milch für Lenfort ausgefahren, weil August im Krieg war", so ein Zeitzeuge.
Das Benzin für den Pkw während des Krieges wurde besorgt, als Gegenleistung gab es dafür andere Naturalien. Geld floß also nicht bei diesen Aktionen. Während der Zeit, als die Polen (DP) Reckenfeld zur Hälfte besetzt hatten (1945-1950), sind zwei Schilderungen bekannt:
Die in den Blöcken A und B wohnenden Polen erhielten auch vom August Lenfort Milch: "Der Milchwagen-Verkauf während der Polenzeit, da fuhr ein Pole im Wagen mit. Die Milch mußte dann teilweise bei Brinkmeyer abgegeben werden."
Ein Zeitzeuge
"1948 (Währungsreform): Zu uns kam schon immer, seit er aus der Gefangenschaft zurück war, unser Milchbauer Lenfort. Immer, wenn er etwas zu berichten oder Probleme hatte. So saß er oft neben dem Schneidertisch, auf dem meist Richard saß. August Lenfort stand ohne Hilfe da, als ein junges Mädchen die Familie verließ. Er wollte von uns nun wissen, welche Familie ihm helfen könnte. Mehrmaliges Nachfragen brachte keinen Erfolg. So bot ich mich an und machte es auch, unter der Bedingung, daß ich morgens ein gutes Frühstück und auch ein Mittagessen erhielt. August lebte zu dieser Zeit auf seinem elterlichen Hof und war Junggeselle. Der Handel war schnell erledigt und gleich am anderen Morgen um 7 Uhr ging es los. Zwei Liter Milch - beste Kuhmilch - ließ er jeden Morgen bei uns, die noch nicht in der Molkerei entrahmt worden war.
Zuerst fuhren wir immer zur Molkerei, er lieferte dort die Milch vom Hof ab und bekam viele Kannen aufgeladen, die wir dann hier in Reckenfeld in C und D und überall dort, wo keine Polen wohnten, von Haus zu Haus verkauften. Ich hatte fast ausschließlich mit dem Abschneiden an den Lebensmittelkarten zu tun. Um die Mittagszeit waren wir fertig und fuhren zum Hof, wo es immer gutes Essen gab. Nach dem Essen mußten noch die Kannen gespült werden. Gegen 14 Uhr war ich zu hause." Für die Zeit von 1½ Jahren ist Frau Röhrs, die dieses schilderte, mitgefahren.
Gezahlt wurde am Milchwagen in bar.
Tochter Maria (verh. Bockelmann) fuhr schon mit 16 Jahren beim Vater mit - sie hatte auch schon zu dieser Zeit das Auto gefahren, allerdings ohne Führerschein.
1949 bauten August und Luise Lenfort das Haus an der heutigen Grevener Straße Nr. 28 (heute Grevener Landstraße) in Reckenfeld. Bereits 1952 folgte dann die Eröffnung eines reinen Milchgeschäftes.
Das Geschäft wurde ausgeweitet, nun gab es neben Milch auch andere Molkereiprodukte. Die Milch wurde dem Kunden von einer Milchkanne mit einer Schöppe in die mitgebrachte Kanne geschöpft. Also 'lose' Milch ging sie über die Ladentheke. Im Geschäft wurde auch angeschrieben, also erst einige Tage bzw. Wochen später bezahlt. Ein Kunde soll für 2.700 Mark anschreiben lassen und nie bezahlt haben.
Eine andere Zeitzeugin - aus den USA
"Ich erinnere mich an August Lenfort der unsere Siedlung ‚D' - die letzte der vier Siedlungen - jeden Wochentag mit Frischmilch versorgte. Mit Pferd und Wagen fuhr er vor und verkündete seine Ankunft mit Glockengeläut. Später wurde das Fuhrwerk durch einen Lastwagen ersetzt."
Luise Lenfort verstarb 1983 und zwei Jahre später verstarb ihr Mann August Lenfort.
Mit dem Tod der Eltern änderte sich die Situation abrupt. Eines der Kinder - nämlich Marlies - nahm "das Heft" in die Hand und führte den Betrieb weiter. "Die Kunden dürften gar nicht erst ausbleiben: Weitermachen, war die Devise: Eingekauft wird bei Lenforts!"
Marlies Kirst entschied bald darauf, das Geschäft zu vergrößern und das Sortiment zu erweitern. 1993 kamen Obst und Gemüse hinzu und im Jahr 2000 wurde auch ein Stehcafe eingerichtet.
Sie hatte mit ihrem stetigen Engagement eine Marktlücke entdeckt und aus dem "kleinen Lädchen" an der Grevener Straße wurde ein Einkaufsmagnet für kleine Einkäufe. "Ich gehe eben mal zu Lenfort", hieß es auch noch, als Marlies Chefin war.
Heute (2007) ist es ein Feinkost- und Delikatessengeschäft. Es wurden 12 Mitarbeiterinnen für die vielfältigen Arbeiten ein- und angestellt. Einige der Frauen arbeiten nur ein paar Stunden und andere nur zwei oder dreimal in der Woche.
Im Angebot sind auch: Frühstück mit belegten Brötchen und andere Spezialitäten. Auch Reibeplätzchen werden angeboten, und das schon am frühen Morgen. Auch Graupensuppe stand auf dem Verkaufsangebot. Die Bezahlung hierfür erfolgte nach Gewicht. Besonders gut und schmackhaft: Der Frankfurter Kranz.
Das Geschäft ist derzeit von 5 Uhr bis 16.30 geöffnet. Ab 5 Uhr kann gefrühstückt werden. Viele Kunden nutzen dieses frühe Zeit auf dem Weg zur Arbeit. Ab 11.30 Uhr gibt es dann den Mittagstisch. Hausgemachte Gerichte stehen (auch als Imbiß) zur Auswahl. Ein kleiner Partyservice gehört zur Verkaufsstrategie dazu.
Ein Zeitungsbericht aus dem Jahr 2003. Klicken Sie hier!
Vom Milchwagen wurde verkauft. |
August Lenfort und sein 'Gefährt'. | |
Luise Lenfort. |
August Lenfort. |
Der Beginn des Milchhandels im eigenen Geschäft. |
Frau Lenfort und Frau Bokelmann. | |
Einige Jahre später ... |
Das Milchgeschäft an der Grevener (Land)straße. |
Der Laden 'Kirst' im Jahr 2007. |
In der Schule nicht aufgepasst? |
August Lenfort auf einer der Reckenfelder Straßen. Mit der Glocke und seinem Ausrufen holte er die Reckenfelder Hausfrauen aus ihren Wohnungen und Häusern.
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So ähnlich sah es am Milchwagen von August Lenfort aus.
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