Die Westfälische Heimstätte GmbH, Münster tritt erstmals 1919 mit dem ehemaligen Depot - dem späteren Reckenfeld - in Erscheinung, als es um die Verwertung der gesamten Anlage ging. Die Gesellschaft hatte dem Landesfinanzamt Münster angeboten, "durch Nutzbarmachung der Hemberger Anlagen eine größere Holzbearbeitungsfabrik geschaffen werden können, die dann elsässisch-lothringer Siedler Arbeitsgelegenheiten böte [...]"
1924 macht dann die Westfälische Heimstätte ein erneutes Angebot, und zwar soll der Block D zu Siedlungszwecken ausgebaut werden. (Zu dieser Zeit ist allerdings die EHG Eigentümerin der gesamten Anlage). Die Gesellschaft will für den Block D 20.000 RM zahlen. Auch an einem zweiten Block ist die Gesellschaft interessiert [...]
Die EHG erfährt von dem Vorhaben und konstatiert im März 1925: "Aus mehreren Gründen heraus sind wir zur Zeit nicht in der Lage, dem Ankauf der beiden Lager näherzutreten, zumal es sich bei dem Lager Hembergen um ein ehemaliges Nahkampfmitteldepot handelt, dessen Wohnungen nur an entfernt wohnende Arbeiter, Angestellte pp. vermietet oder verkauft werden können [...]"
Die Westfälische Heimstätte tritt dann erst wieder nach dem Zweiten Weltkrieg in Erscheinung, in dem sie zwischen den Blöcken C und D die nach ihr benannte "Heimstättensiedlung" für die Reckenfelder baut.
Die neue Siedlung wird als eine "Siedlung mit Kleintierhaltung" ausgeschrieben. Und so kommt es auch:
"Die Familien hatten am Haus einen Stall angebaut, hielten Schweine, Ziegen oder Schafe, sogar Kühe wurden gehalten",
so ein Zeitzeuge."
Ein Zeitzeuge
"Wir haben noch vor der Währungsreform das Grundstück kaufen können und mit Reichsmark bezahlt. Das Haus selber haben wir dann mit der Deutschen Mark (DM) bezahlt". Und weiter: "Die ersten Häuser zu Beginn der 1950er Jahre an der Kanalstraße wurden gebaut von Scheipermeier, Wiethaus-Stange, Kassner, Leyhe, Tennie und Röhring."
Ein Zeitzeuge
"Die ersten Doppelhäuser am Sandweg haben gebaut: Riemer und Kesselmeier, Hölzel und Rautenberg. Wochen später begann der Bau der Häuser an der Kanalstraße, danach die an der Adlerstraße."
Damit entsteht in Reckenfeld die erste Siedlung außerhalb der Blöcke. Grenzen der neuen Siedlung: Adlerstraße, Sandweg, Kanalstraße.
Ein Zeitzeuge
"Wir haben zunächst in C gewohnt. Dann hat mein Vater einen Stall an der Gartenstraße gebaut, in dem wir gewohnt haben, bis das Haus fertiggestellt war."
Ein Zeitzeuge
"Wo die Heimstättensiedlung gebaut worden ist, war Wald. Von den Frauen wurde dort Kleinholz zum Heizen geholt, und auch Pilze wurden dort gesammelt. Die Engländer haben den Wald selbst abgeholzt - so wurde gemunkelt -, weil hier noch Munition aus dem 2. Weltkrieg gelagert worden sein sollte."
Ein Zeitzeuge
"Meine Eltern haben 1950 von der Westfälisch-Lippischen Heimstätte GmbH - Treuhandstelle für Wohnungs- und Kleinsiedlungswesen in Dortmund - (bis dahin hieß sie noch Reichs-Heimstätte) das Grundstück an der Gartenstraße für 546,-- DM gekauft. Danach wurde sofort die eine Doppelhaushälfte gebaut. Auch ein Stall für die Tierhaltung entstand gleich mit."
Eine Momentaufnahme im April 1953: "Es war um die Zeit der Währungsreform als sich in Reckenfeld Siedlungsinteressenten trafen, um die Möglichkeit zu erörtern. Die Gemeinde beschaffte das nötige Gelände um das dann der Heimstätte zu übergeben. Einige der Siedler haben mit der Erstellung eines Stallgebäudes begonnen, das bis zum Bau des Siedlerhauses als Wohnraum diente. An den beiden Enden des Siedlungsgeländes wurden die Neubauten gruppiert. Das Zwischengelände blieb frei. Dort ist seit dem ersten Schwung nichts mehr geschehen. Am Verbindungsweg von D nach C stehen noch solche Notwohnhäuser, ohne dass der eigentliche Bau bisher errichtet wurde. In der Mitte des Geländes ist eine Leere und Sumpf. Dass man ein Sumpfgelände zu einem Wohngebiet auswählte, geht nicht zu Lasten der Heimstätte.
Durch das Gebiet der Heimstättensiedlung führt seit einiger Zeit ein Weg, den die dortigen Siedler selbst angelegt haben. 40 Parzellen der Siedlung beharren einer Bebauung. Wegen des hohen Grundwasserstandes der das Land besonders im Herbst und Winter in ein Sumpfgebiet verwandelt, müssen Gräben eingezogen werden. Im ganzen Gebiet ist keine Straßenbeleuchtung vorhanden.
Im Juni 1954: Zehn Häuser wurden gebaut. Seit dem hat sich nichts mehr getan. Es stehen immer noch verschieden Notwohnungen (Baracken) deren Besichtigung dringend notwendig ist.
Im Verlauf des Jahres 1954 besucht der Stadtdirektor die Elendswohnungen von Reckenfeld. Der einzige Ausweg aus dieser Misere wird allgemein im sozialen Wohungsbau gesehen. Die Reckenfelder warten seit der Währungsreform vergeblich darauf, dass die noch brachliegenden Bauplätze von der Westf. Heimstätte bebaut werden. In allen Orten des Münsterlandes schießen neue Siedlungen wie Pilze aus dem Boden, nur in Reckenfeld rührt sich nicht.
Ende des Jahres 1954 gibt die Westfälische Heimstätte ein Absichtserklärung ab: Sie verspricht, Bauwilligen für dieses als auch für das kommende Jahr in zwei Bauabschnitten 36 Wohnungen als Einzel- oder Doppelhäuser zu erstellen. Durch das Absinken des Grundwasserspiegels sei mit einem baldigen Beginn zu rechnen. Im zweiten Bauabschnitt - nächstes Jahr - sollen erst nach Fertigstellung der Häuser mit den Bewerbern der Siedlervertrag abgeschlossen werden.
Zügig werden die Bauten des zweiten Bauabschnittes auf der Heimstättensiedlung vorangetrieben. Die an der Amselstraße erstehenden sechs Einzelhäuser sind nun gerichtet. An dem Sandweg entsteht in diesem Bauabschnitt ein Doppelwohnhaus. Das ist der Stand vom August 1955.
Bei den Typenhäuser wird bemängelt, dass kein Bad im Hause ist und keine Möglichkeit dazu besteht, und außerdem ist der Stall noch im Haus. Auch ist der unüberdachte Kellereingang an der Westseite, was schon jetzt aus dem Keller eine Badeanstalt macht. Die Brunnenanlagen sind ebenfalls noch nicht geklärt bzw. in Arbeit.
Acht Häuser sind nun an der Amselstraße bezugsfertig. Die Siedler sind dabei, die Vorgärten anzulegen.
1967 wird die Erschließung des Wohn- und Baugebietes durchgeführt.
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