Ein Bericht von Ludger Westerkamp

So starb Reckenfelds Bahnhof

Die Reckenfelder Bürger wurden über die Presse informiert: "Der Bahnhof wird geschlossen." Die Münstersche Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 22. Mai 1986 unter der Überschrift ‚Keine konkreten Pläne, Zukunft des Bahnhofsgebäudes weiter ungewiß!': "Zur Kenntnis nahm der Bezirksausschuß am Dienstag, 20. Mai 1986, den Planfeststellungsbeschluß für den Einbau einer Lichtzeichenanlage mit Halb- und Fußgängerschranke am Bahnübergang an der Bahnhofstraße. Damit verbunden wurde die Forderung, dass bei der damit verbundenen Aufhebung des Wärterpostens das Bahnhofsgebäude weiterhin als Warteraum zur Verfügung steht."

Aufgrund dieser Zeitungsmeldung wurde am 14. Juli 1986 die Bundesbahndirektion Essen angeschrieben, um nach den Zukunftsaussichten des Reckenfelder Bahnhofs zu fragen. In diesem Schreiben wurde der Vorschlag gemacht, die neuen Schranken einzuführen und den Fahrkartenverkauf weiterzuführen.

In dem Antwortschreiben der BD Essen vom 29. Juli 1986 heißt es: "Es existieren für den Bahnhof Reckenfeld weder Pläne auf eine Umwandlung in einen unbesetzten Haltepunkt, noch ist beabsichtigt, Reckenfeld für Personenzughalte zu schließen."

Die Münstersche Zeitung berichtete in der Ausgabe vom 9. August 1986: "'Aus' für Fahrkarten-Verkauf im Bahnhof, ab 1. Oktober 1986 nur noch über Reiseagentur."

Diese Meldung mußte sie in der Ausgabe vom 14. August 1986 zurücknehmen, da sie sich als Zeitungsente erwies.

Ein Jahr später [...]

Am 14. August 1987 teilten die Münstersche Zeitung und die Westfälischen Nachrichten mit: "Tickets vom Automaten" und "Reckenfelder Bahnhof bald personallos." Dieses Mal hatte die Deutsche Bundesbahn nicht dementiert.

Die Fahrkarten mussten vom 1. September 1987 an von der Reiseagentur im Ort gekauft werden. Einige Tage vor der offiziellen Schließung wurde am Eingang des Bahnhofs ein Schild angebracht mit dem Text: "Ab 1. September 1987 Fahrkartenverkauf bei der Reiseagentur Kirchner, Grevener Str. 1, Nahverkehrsausweise weiter hier im Automaten!"

Kurze Zeit später wurde neben dem Datum die Uhrzeit 11 Uhr angegeben, die Übernahme durch die Reiseagentur verzögerte sich.

Am 31. August 1987 konnte noch eine handgeschriebene Fahrkarte gekauft werden - nach Immer über Rheine-Osnabrück-Hesepe. Die Ausgabe-Nr. 4590160, gültig bis zum 3. September 1987. Am 1. September konnten - wie berichtet - noch Fahrkarten bis 11 Uhr gekauft werden.

Mit der Ausgabe-Nr. 4590161 konnte die endgültig letzte, handgeschriebene Fahrkarte nach Schloß Holte über Münster-Warendorf-Rheda-Brackwede gelöst werden.

Die Rolläden wurden genau 9.26 Uhr heruntergelassen, 1 ½ Stunden vor der geplanten Schließung. Gegen Mittag bekam die Reiseagentur Kirchner den Fahrkartenschrank, die Kursbücher und weitere Verkaufsteile der Bundesbahn.

Der Bahnhof war also nur noch als Schrankenposten besetzt, die Reisenden konnten den Warteraum noch benutzen.

Mit dem Bau der ferngesteuerten Schranken wurde Mitte August 1987 begonnen.

Am 30. November 1987 wurden die Schrankenbäume ausgewechselt, und am 1. Dezember 1987 konnten die Arbeiten beendet werden; der Bahnübergang wurde während der Arbeiten von zwei Posten zusätzlich gesichert. Am Abend des 1. Dezember 1987 verwaiste der Bahnhof endgültig.

Nachdem der letzte diensttuende Bahnbeamte den Bahnhof verlassen hatte, verschwanden am 4. Dezember 1987 die Uhr, die Bänke, einige Werbetafeln befanden sich inzwischen auf dem Boden, nicht mehr an der Wand.

Der Fahrkartenautomat wurde am 9. Dezember 1987 auf dem Bahnsteig Richtung Münster aufgestellt.

Ende Januar verschwand der hölzerne Aushangplan mit den aufgelisteten Zügen nach Rheine und Münster.

Seit Mitte Februar wurde der Bahnhof als Warteraum für die Reisenden geschlossen, nachdem das Licht und die Heizung schon einige Wochen vorher abgeschaltet wurden.

Ebenfalls seit Mitte Februar befindet sich ein Zaun zwischen dem Bahnhofsgebäude und den Gleisen.

Anmerkungen: Reckenfeld hat also keinen Bahnhof mehr. Trotz der großen Bemühungen, u.a. eine Unterschriftenaktion der SPD, wurde der Reckenfelder Bahnhof geschlossen. Ohne Rücksicht auf die vielen Reckenfelder Zugbenutzer, die täglich zu ihrer Arbeitsstätte fahren. Nicht einmal als Warteraum bei schlechtem Wetter blieb das Bahnhofsgebäude geöffnet. Die Bahn will möglichst schnell das Bahnhofsgebäude, die alte Lagerhalle und das dazugehörende Grundstück veräußern, und da könnte die Stadt Greven eingreifen, indem sie durch den Erwerb oder durch Anmietung des Bahnhofsgebäudes den Reckenfeldern wenigstens eine Art überdachte Wartehalle erhält. Ist das Gebäude erst einmal an einen anderen Bewerber verkauft, so heißt es ‚Wartehalle ade' - die Reckenfelder werden im Regen stehengelassen.

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