Bäckerei Thomas Schulz

(Auszüge aus mehreren Zeitungsartikeln aus den Jahren 2001 und 2004)

Torte zum Frühstück

Reckenfeld, 2.45 Uhr. Der Wecker klingelt. Rrrring. Laut. Unerbittlich. In einer Viertelstunde ist Arbeitsbeginn für Yvonne Schulte.

Die 18-Jährige wird Bäckerin. Jeden Morgen um 2.45 Uhr springt sie in ihre am Vorabend bereit gelegten Klamotten, wäscht sich und fährt los. Zeit für einen Kaffee ist später noch. "Wenn ich mich lange irgendwo hinsetzen würde, würde ich wieder einschlafen", sagt sie. Verständlich.

Um 3 Uhr trifft Yvonne Schulte ihren Chef Thomas Schulz in der Backstube seiner gleichnamigen Bäckerei am Kirchplatz. Drei bis vier Stunden lang backen sie gemeinsam Brot in allen möglichen Farben, Formen und Sorten. Zwischendurch schaut Yvonne den Konditoren über die Schulter, stibitzt sich ein Rosinenbrötchen. Ein Vorteil ihres Berufes: "Man kann viel naschen." Man sieht es ihr aber keinesfalls an.

Um 7 Uhr, wenn der "normale" Mensch sich auf den Weg zur Arbeit macht, dann macht Yvonne Schulte bereits Frühstückspause. Und futtert sich quer durch das Angebot der Bäckerei: "Ich fange morgens auch schon mal mit einem Stück Torte an." Dazu gibt es dann Kaffee. Oder Kakao. Je nach Lust und Laune. Während Yvonne isst, liegen in der Backstube die bereits fertigen Teige für die Brötchen und ruhen. Ja, genau. "Die Teigruhe ist ganz wichtig, sonst wird alles nichts", erzählt Thomas Schulz. Nach dem Frühstück werden er und Yvonne 2500 bis 3000 Brötchen "aufmachen", wie es in der Fachsprache heißt. Jeden Tag. Am Samstag sind es gar 7000 bis 8000.

Wer die alle isst? Kunden der Bäckereien in Reckenfeld, St. Arnold und Emsdetten, Bewohner des Matthias-Claudius-Hauses und des Hauses Marienfried, Schüler der Hauptschule Reckenfeld und des Gymnasiums St. Arnold.

Wer glaubt, Yvonne gehe abends um 20 Uhr ins Bett, der irrt gewaltig. Sie trifft sich lieber mit Freunden. Freitags passiert es auch, dass sie direkt von der Kneipe zur Bäckerei fährt. Den fehlenden Schlaf holt sie tagsüber nach. Yvonne findet es klasse, frei zu haben, wenn alle anderen arbeiten. Sie kümmert sich dann ausgiebig um ihre zwei Pferde - oder schläft.

Mittlerweile ist es 12 Uhr mittags. Yvonne Schulte legt sich erstmal hin. Während wir arbeiten. Ausgleichende Gerechtigkeit.

Der Ausbildungsweg

Die Ausbildung zur Bäckerin ist nicht mit einer Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin zu verwechseln. Die Erste ist mit der Produktion, die Zweite mit dem Verkauf beschäftigt - zwei völlig verschiedene Jobs also.

Ein Praktikum bietet sich durchaus an, um sich mit dem Beruf oder den Berufen vertraut zu machen. Yvonne Schulte hat es getan. Bei ihrem späteren Arbeitgeber Thomas Schulz. In den Osterferien. So wusste sie, was auf sie zukam. Und hat ergo nicht bereut, den Bäckerberuf ergriffen zu haben.

Im ersten Lehrjahr hat Yvonne Schulz 750 DM, im zweiten 850 DM, im dritten, das am 1. August beginnt, wird sie 1.050 DM bekommen. Brutto. Wenn die Reckenfelderin sonntags arbeitet, was alle drei Wochen der Fall ist, bekommt sie zusätzlich Geld. Thomas Schulz erzählt, was ein Bäckergeselle so verdienen kann: "Im ersten Gesellenjahr sind es 3.000 DM brutto, Nacht- und Sonntagszuschläge bereits enthalten. Ein guter, fähiger Altgeselle kann aber zwischen 5.000 und 7.000 DM verdienen - Verhandlungssache."

Im ersten und zweiten Lehrjahr gehen die Azubis zweimal pro Woche zum Berufskolleg in Rheine, haben dort Mathe, Deutsch, Wirtschaftslehre, Politik, Religion, Sport und die berufsbezogenen Fächer Ernährungslehre und Technologie.


Ofen ist geheizt für das Franziskus-Brot

In der Orgel der Franziskuskirche steckt der "Wurm". Etwas betagt ist sie, hat so ihre Altersgebrechen. Deshalb ist eine Verjüngungskur dringend erforderlich, denn schließlich möchten die Gottesdienstbesucher auch in Zukunft von wohltönenden Klängen der Orgel bei ihrem Gesang begleitet werden. Die Sanierung der Orgel kostet eine Menge Geld. Geld, das die Gemeinde selbst aufbringen muss. Um das zu erreichen, gibt es bereits das Franziskus-Café.

Nun hatte der Reckenfelder Franz-Josef Holthaus noch eine weitere Idee, die dazu beitragen soll, dass die Orgel möglichst schnell wieder einen guten Klang bekommt. Er hat ein leckeres Brotrezept entworfen, das in der Bäckerei Schulz in Reckenfeld gebacken und verkauft wird. "Bei unserem Kirchennamen Franziskus bot sich natürlich an, Franziskaner-Bier mit zu verarbeiten, doch leider ist das viel zu teuer", erklärt Holthaus.

Aber mit einer guten Braugerste, die geschmelzt und versäuert wurde, geht es auch. "Das gibt eine ganz leckere Krume", schwärmt er. Vorgestellt wird das Franziskusbrot "so der Name" am Donnerstag ab 10.45 Uhr mit einer Probieraktion im Café Schulz am Kirchplatz.


Café Schulz schließt zum 1. Januar 2005

Eine Reckenfelder Institution wird es in wenigen Monaten nicht mehr geben: Das Café Schulz am Kirchplatz schließt zum 1. Januar 2005 seine Türen. Der Vertrag wurde zum Ende des Jahres gekündigt, teilte Gabriele Schulz den WN auf Anfrage mit. Theoretisch bestehe zwar die Möglichkeit, das Café an anderer Stelle weiter zu betreiben. Doch dann müssten wir schätzungsweise 150.000 Euro in eine neue Einrichtung investieren, meinte Gabriele Schulz. Das sei in diesen Zeiten zu riskant.

Gabriele und Thomas Schulz betreiben Bäckereien in Neuenkirchen- St. Arnold, in Emsdetten und noch in Reckenfeld, wo der Backstube auch ein Café angegliedert ist. Ab dem nächsten Jahr werden sie sich aus Reckenfeld zurückziehen. Die Mitarbeiter sollen in die Emsdettener Bäckerei übernommen werden.

Wie das Gebäude am Kirchplatz künftig genutzt wird, ist derzeit noch offen. Nach WN-Informationen soll dort ein neues Wohn- und Geschäftshaus errichtet werden, in das eventuell eine Arztpraxis einziehen könnte. Ein Arzt bestätigte Verhandlungen in dieser Richtung mit der Grundstückseigentümerin.


Café Schulz macht zu: Sechs Jobs weg

"Wir wollten nicht...", sagt Gabriele Schulz. Doch: Ihr Mietvertrag wurde gekündigt. Deshalb ist Ende dieser Woche endgültig Schluss. Das Bäckerei-Café Schulz in Reckenfeld wird dann ab dem 1. November geschlossen bleiben. Vor acht Jahren haben Gabriele und Thomas Schulz das Geschäft in Reckenfeld eröffnet, haben damals viel Geld in Maschinen und Inventar investiert. Öfen, Frosteranlage, Mehlsilo und die Einrichtung, das alles hat nun ein Aufkäufer erworben. Alles wird ab- und ausgebaut und irgendwo in Polen und in Rumänien wieder eingesetzt.

Weitreichende Konsequenzen hat die Schließung in Reckenfeld für sechs Mitarbeiter: Ein Konditor und zwei Fahrer müssen entlassen werden, wie Gabriele Schulz erklärt. Die drei Verkäuferinnen aus Reckenfeld werden ihren 400 Euro-Arbeitsplatz zwar behalten, müssen aber künftig im Schulz-Bäckerei-Laden in Emsdetten arbeiten. In der Nachbarstadt werden dadurch drei Verkäuferinnen arbeitslos.



Cafe Schulz - 50 Jahre lang ein 'Begriff' in Reckenfeld.

Inmitten des Ortes, am Kirchplatz, das ehemalige Cafe mit dem angrenzenden Wohnhaus.

Zurück
(c) 2007 by www.geschichte-reckenfeld.de    [Impressum]    [Kontakt]